Das Olympia der vier Ringe

Okonomie Der afrikanische Kontinent steht im ewigen Medaillenspiegel abgeschlagen auf dem letzten Platz, hinter Ozeanien. Weniger als 400 von über 14.000 Medaillen wurden bisher gewonnen

In der Subsahara leben 800 Millionen Menschen, 10 Prozent der Weltbevölkerung. Dabei wird dieser Teil der Erde oftmals vergessen. Bei Olympia treten diese Staaten ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit. Athleten und Athletinnen aus Kenia und Äthio­pien dominieren die Langstreckenläufe. Ohne diese Sportnationen ergäbe sich für die Subsahara ein drastisches Bild: Die 47 Staaten gewannen 150 Medaillen in 96 Jahren – genauso viele wie Kenia und Äthio­pien.

Zieht man von der Subsahara noch Südafrika als wirtschaftlich stärkste Nation ab, bleibt noch weniger. Die 46 Staaten mit einer Bevölkerung von 620 Mil­lio­nen zu denen viele zur „untersten Milliarde“ zählen teilen 64 Medaillen unter sich auf. Eine Korrelation zwischen dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) und dem Sporterfolg ist offensichtlich.

Wirtschaftswissenschaftler vom Leibniz-Institut in Essen stellen im Vorwege der Spiele Prognosen an, die auf der Basis dieser Werte beruhen: Umso stärker die Wirtschaftsleistung eines Staats ist, desto besser ist die Platzierung im Medaillenspiegel. Professionelle Sportanlagen, monetäre Förderungen und die notwendige Infrastruktur sind teuer. Doch eine universelle Erklärung bietet dieser Ansatz nicht. Zwar rangieren Kenia und Äthiopien im BIP-Ranking auf den Plätzen 80 und 84, stehen im Medaillenspiegel aber deutlich besser da.

Also Doping? Immer wieder stehen Funktionäre und Ath­le-­t_in­nen in der Kritik; Ausschlüsse werden diskutiert. Aber es gibt auch andere Gründe: Kenianische und äthiopische Sportler_innen sind heute ausschließlich in der Leichtathletik erfolgreich. Die Erfolge spülen nicht nur Geld für Investitionen in die Kassen, sondern steigern das Prestige der Sportarten. Die siegreichen Athle-t_in­nen werden zu Idolen, denen die Jugend nacheifert. Mehr und mehr Jugendliche melden sich bei Sportvereinen an, aus denen die Trainer ihre Nachwuchsstars wählen können. Erfolg wirkt anziehend.

Andere Staaten bleiben auf der Strecke. All games, all nations – das olympische Credo bleibt eine Utopie. Nicht nur in der Weltpolitik, sondern auch bei Olympia spielt die Subsahara kaum eine Rolle. Die olympischen Ringe stehen symbolhaft für die fünf Kontinente. Wer sich den Medaillenspiegel ansieht und die Wirtschaftsleistung der Länder dazu ins Verhältnis setzt, merkt schnell: Eigentlich gibt es nur vier olympische Ringe. Sören Haberlandt