Endlich! Es geht los. Die Olympioniken spannen ihre Bögen. Wir machen den Fernseher an. Worauf wir uns freuen
: Wir sind gespannt

Foto: Action Plus/imago

Binge-Watching

Das olympische Gefühl ist dem ozeanischen sehr ähnlich. Zwischen Ich und Außenwelt gibt es keine Grenze mehr. Jedenfalls als Zuschauer. Als solcher ist man wie beim Binge-Watching von TV-Serien 6 bis 8 Stunden gebannt - von Gewichthebe-Wettbewerben in allen Gewichtsklassen, von Synchronspring-, Bogenschießen- und Trampolinwettbewerben. Es ist einem völlig egal, dass in der meisten Zeit streng genommen nichts passiert. Man sieht Sportler beim Sichkonzentrieren zu, beim Warmmachen, beim Trainingsjackeausziehen und beim Trinkflasche-Auf- und -Zudrehen. Olympiagucken ist die beste Übung, um in politisch turbulenten Zeiten cool zu bleiben. Besser, man schraubt seine Trinkflasche ein paarmal auf und wieder zu, bevor man sich wieder über irgendeinen Unsinn empört. DORIS AKRAP

Identifikation

Olympia ist, wenn Athletinnen und Athleten in ihren Kämpfen spürbar machen, dass es die Spiele sind, die zählen. Wir warten auf das Momentum, auf Favoritenstürze weniger als auf über sich selbst hinauswachsende Sportler*innen. Wie sie zu anderen werden. Wie einst Ulrike Meyfarth 1972, Hassiba Boulmerka 1992, Robert Harting 2012 oder ­Teófilo Stevenson 1972, Greg Louganis 1984 und Dawn Fraser 1964. Oft krasse Außenseiter, die alle Prognosen wertlos machten. So ist Sport: Jeder, der startet, will gewinnen. Niemand weiß, wie es endet. Sport ist, wenn Favoriten straucheln, aus einem Aschenputtel eine selbst überraschte Königin (oder ein König) wird. Modernes Heldentum, wenn die Davids und Achills unserer Zeit zur Identifikation einladen.JAN FEDDERSEN

Großer Sport

Ich freue mich auf großen Sport. Auf nichts sonst. Etwa auf das Ereignis, das nach deutscher Zeit am Mittwoch um 4.38 Uhr stattfindet. Das dürfte nach aller olympischen Erfahrung etwas sehr Großes werden: das Finale über 4 x 200 Meter Freistil der Männer. Dann werden die diffizilsten Fragen des Sports beantwortet. Sollen Sprinter oder eher Mittelstreckler in der Staffel schwimmen? Die besten vorneweg? Oder die Stars, die alles aufrollen, am Schluss? Sollen die Krauler es schnell angehen und hoffen, irgendwie durchzukommen? Oder wie teilen sie sich ihr Rennen ein? Dass ich mir dieses taktische Meisterwerk sieben Minuten lang angucken darf, dafür lohnt alles: vier Jahre Training von denen; um vier Uhr nachts aufstehen von mir. Beides sind olympische Leistunge Martin Krauss