Zehn Sterne für Olympia I

Hingucker I Sie werden bewundert und bestaunt. Sie sind Giganten in ihrer Disziplin. Sie wollen alle Gold, und wir wollen sie kämpfen sehen – die Olympioniken, über die viel geredet werden wird

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Michael Phelps
: Der Rückkehrer

22 olympische Medaillen, davon 18 in Gold. Der US-amerikanische Schwimmer Michael Phelps ist der erfolgreichste Athlet aller Zeiten. Schmetterling, Lage, Freistil, Rücken – außer Brustschwimmen beherrscht der Mann jede Technik, das Wasser schnellstmöglich hinter sich zu bringen.

Rio werden die fünften und letzten Olympischen Spiele für Michael Phelps sein. Er wird sie als Fahnenträger der USA beginnen und – wenn alles so läuft wie geplant – als erfolgreichster Athlet des Turniers beenden. Ein wenig bizarr ist seine Teilnahme in Rio dennoch. Nach dem Staffelsieg in London 2012 hatte er seine Karriere für beendet erklärt. 2014 trat er dann aber wieder bei einem Grand Prix in Arizona an. 2015 folgten Drogen, Alkohol, Suspendierung aus dem Team und Therapie.

Aber das Kind mit ADHS-Syndrom und HipHop-Schwäche ist zurück. Und wird in Rio die Gegner sicher von vorne kontrollieren. DAKR

Isabell Werth
: Don Johnsons Frau

Auf dem Land groß geworden, hatte Isabell Werth schon früh Kontakt zu den großen Braunen. Inzwischen ist die 1969 in Issum geborene Rassepferdezüchterin Olympiasiegerin, dreifache Weltmeisterin, fünffache Europameisterin und zwölffache Deutsche Meisterin – eine der erfolgreichsten Dressurreiterinnen überhaupt.

Ihre Erfolgspferde tragen so schöne Namen wie „Warum nicht“ und „Don Johnson“. „Whisper“ und „El Santo“ brachten ihr aber nicht nur Freude, sondern auch eine zweifache Sperre wegen Doping. Weil sich Prinzessin Haya Bint al-Hussein von Jordanien gegen das Dressurreiten bei Olympia einsetzt, hat Werth über die Prinzessin mal gesagt: „Haya führt sich auf wie George Bush im Irak.“

Ob Königin Isabell in Rio der Reiterei alle Ehre macht, bleibt spannend: „Bella Rose“ und „Don Johnson“ kommen nämlich nicht mit. Sie sind verletzt. DAKR

Kohei Uchimura
: Der leise Künstler

Andere mögen am Pauschenpferd, am Barren, am Reck und am Boden, beim Sprung und an den Ringen arbeiten, auch mit Höchstschwierigkeiten, Kohei Uchimura zelebriert das Turnen an den klassischen sechs Geräten als Kunst.

Er sagt, die Noten der Preisrichter interessierten ihn nicht ernsthaft. Er könne selbst am besten beurteilen, ob ihm eine Übung gelang oder ob sie noch Reserven hatte. Dieser Japaner ist in seinem Land ungefähr eine solche Instanz, wie es in der Bundesrepublik Boris Becker war. 2012 in London gewann der in Kitakyushu 1989 geborene Mann Gold im Mehrkampf, bei Weltmeisterschaften ist er seit 2009 in der Königsdisziplin seiner Sportart ungeschlagen. Er gilt unter Kollegen als absolut graziöser, zugleich kraftvoller Athlet, eher leise denn lauter im Umgang.

Es wäre ein Wunder, würde jemand diesem Turner das zweite Gold streitig machen. Er ist einfach der Beste. JAF

Lydia Ko
: Die Geschichteschreiberin

Für historische Aufgaben ist Lydia Ko genau die richtige. Denn Ko – Spitzname: Lyds – hat schon geschafft, was die meisten ihrer Kolleginnen nicht mehr schaffen werden: jüngste Nummer eins der Golfwelt zu sein.

Der 1997 in Seoul, Südkorea, geborenen Golfspielerin gelang dies Anfang Februar 2015. Da war Ko, die in Rio für Neuseeland antritt, 17 Jahre alt. Allerdings war sie zu der Zeit schon ein alter Hase im Geschäft. Im August 2012 düpierte sie mal eben die versammelte Profi-Elite bei den Canada Open. Als Amateurspielerin, wohlgemerkt. Seither gewann sie 14 Profiturniere. Zweimal schaffte sie es sogar, den ganz großen Coup zu landen und ein Major-Turnier zu gewinnen. Bei jenem am Genfer See triumphierte sie mit 18 Jahren und 4 Monaten – wieder Rekord!

Jetzt ist Frauengolf zum ersten Mal olympisch. Und Ko hat beste Chancen, als erste Golf-Olympiasiegerin in die Geschichte einzugehen. DJO

Dafne Schippers
: Die Thronnachfolgerin

Sie hat noch keine olympische Medaille gewonnen, aber mindestens drei muss sie in Rio holen, um eine Legende zu werden wie Fanny Blankers-Koen.

Die Niederländerin war 1948 bei den Olympischen Spielen von London viermal die Schnellste, über die Sprints, mit der 4 x 100-Meter-Staffel und auch über 80 Meter Hürden. Dafne Schippers, gelernte Siebenkämpferin, verlegte sich nach der WM 2013 in Moskau auf die kurzen Laufstrecken, auf denen sie seither alle besiegt. Ihre Kraft erinnert an Florence Griffith-Joyner, ihre Laufästhetik an Katrin Krabbe. 2015 bei der WM in Peking lief sie die 200 Meter in 21,63 Sekunden, die halb so kurze Distanz in 10,81 Sekunden.

Die blonde Muskelbepackte kann zur Ziellinie hin noch zusetzen, wenn andere schon ins Trudeln kommen. Gewänne sie Gold, gäbe es Jubel zwischen Maastricht und Leeuwarden. Siegte sie zweifach, würde die Thronnachfolge überdacht werden. JAF

Yane Marques
: Die Fahnenträgerin

In ihrer Heimat gilt sie als Superstar, spätestens seit die 32-Jährige in London 2012 die Bronzemedaille geholt hat. Und das in einer Disziplin, die in Brasilien nahezu unbekannt ist.

Zum Modernen Fünfkampf kam die in Pernambuco Geborene über das Schwimmen, später kamen Reiten, Fechten, Laufen und Schießen dazu. Nun darf Yane Marques das brasilianische Team als Fahnenträgerin ins Maracana-Stadion geleiten – und ist damit erst die zweite Brasilianerin, die das tun darf. In einer TV-Abstimmung hatte sie sich gegen den Segler Robert Scheidt und den Volleyballspieler Serginho durchgesetzt. Auf Twitter wurde die Berufssoldatin im Range einer Unteroffizierin dafür von ihren Landsleuten als Heldin, Göttin und als würdige Repräsentantin des armen Nordostens des Landes gefeiert.

Yane selbst will vor allem eine „fröhliche Repräsentantin für alle BrasilianerInnen“ sein. SNY

Tom Daley
: Der Makellose

Für den 1994 geborenen Turmspringer Tom Daley waren es 2012 die ersten Olympischen Spiele. Erreicht hat er in London allerdings nur oder – je nach Erwartungshorizont – immerhin Bronze. Eine Leistung, die sich einfügt in eine lange Reihe von Erfolgen, verließ er doch fast alle großen Wettbewerbe der letzten Jahre mit Edelmetall.

Aber trotz jugendlichen Alters verstand er schnell, das sportliche Erfolge allein nicht reichen. Mit klugem Auftreten, einem erfrischenden Lächeln und makelloser Figur gelang ihm der Aufstieg zum Idol einer jungen Sportlergeneration im Vereinigten Königreich. Er wurde begehrtes Werbegesicht und seit seinem öffentlichkeitsbewussten Coming-out 2013 und der nicht minder medienwirksamen Verlobung mit dem Drehbuchautor Dustin Lance Black 2015 eine schwule Ikone.

Und das nicht nur, wenn er bis auf die Badehose entblößt zu sehen ist. MSC

Sandra Perkovic
: Die Parlamentarierin

Die Karriere der 1990 in Zagreb geborenen Diskuswerferin begann rasant. 2010 war die 1,83 Meter große und 86 Kilo schwere Kroatin die jüngste EM-Finalistin in Barcelona und gewann dort mit 64,67 Metern im letzten Versuch Gold.

Anfang Juni 2011 warf sie mit 69,99 Metern persönliche Bestleistung. So weit hatte seit 12 Jahren keine Frau den Diskus mehr geworfen. Ende Juni wurde sie dann zum Justin Gatlin der Diskuswerfer: sechs Monate Sperre wegen Dopingnachweis bei zwei Wettbewerben. Als die vorbei war, wurde sie 2012 auch gleich erneut Europameisterin mit persönlicher Bestleistung und kurz darauf auch noch Olympiasiegerin in London.

Perkovic belegt allerdings nicht nur im Diskuswurf die besten Plätze. Auch im kroatischen Parlament hat sie einen Sitz erobert. Dort sitzt sie seit 2015. Als Hinterbänklerin wird sie in Rio aber definitiv nicht auftreten. DAKR

Martin Sauer
: Der größte Kleinste

Martin Sauer ist klein, ja. 1,69 Meter misst er, 55 Kilogramm wiegt er nur. Zwischen all den muskelbepackten Riesen im deutschen Ruderachter wirkt er sogar noch kleiner. Und trotzdem ist Sauer der größte, weil wichtigste Mann im mythischen Boot.

Während alle anderen austauschbar sind, ist Sauer nicht zu ersetzende Konstante. Er gibt als Steuermann den Takt vor, also die Schlagzahl. Er ist derjenige, der die aus Muskelkraft gewonnene Energie bündelt, kontrolliert und freilässt. Er ist für den Flow verantwortlich, in den ein jeder Ruderachter kommen muss. Sauer formte 2012 aus acht Kraftmeiern jenen Riesen, der bei Olympia in London Gold holte. Seither hat der 33-jährige Wriezener das Boot zu vier Europameister- und drei Vizeweltmeisterschaften koordiniert.

Die WM-Krone hatte Sauer zuvor aber ohnehin schon dreimal erobert – weshalb der Kleinste längst einer der Größten ist. DJO

Usain Bolt
: Der Allerallerallergrößte

43,9 km/h. Mit dieser Höchstgeschwindigkeit lief der Jamaikaner bei seinem ersten olympischen Auftritt 2008 in Peking zum Weltrekord und zum Titel. Und das, obwohl er lange vor der Ziellinie schon abgestoppt und – wie die Süddeutsche Zeitung damals so schön schrieb – sein Handy rausgeholt hatte, um seiner Mutter zu sagen, dass er heute früher zum Abendessen kommt.

Seitdem hat sich Usain Bolt eigentlich nie mehr verspätet. Es ist völlig egal, über welche Distanz er sprintet, 100 Meter, 200 Meter oder 4 x 100-Meter-Staffel – er kommt immer frühzeitiger als der Rest ins Ziel. Jedenfalls bis zum letzten Jahr. Bei der WM in Peking siegte er nur hauchdünn vor seinem Rivalen Justin Gatlin. Auch der „großartigste lebende Athlet“, wie sich Usain Bolt selbst nennt, wird eben älter.

Ob er in Rio noch mal die ganz große Show liefern kann? Ganz sicher. Und wenn er nur Zweiter wird, wird die Show vielleicht sogar noch besser. DAKR

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