Kampagne gegen Altersarmut

Kampagne Sozialverband Deutschland fordert: Die Rente soll wieder den Lebensstandard sichern

BERLIN taz| Der Sozialverband Deutschland (SoVD) verlangt umfangreiche Änderungen im Rentensystem, um zunehmender Altersarmut zu begegnen. Dazu stellte der Verband am Dienstag in Berlin ein Positionspapier mit Vorschlägen und Forderungen vor. Die Rente lasse sich auch künftig „solidarisch, armutsfest und generationengerecht“ sichern, so SoVD-Präsident Adolf Bauer. Ohne Gesetzesänderungen laufe jedoch ein Viertel aller Erwerbstätigen Gefahr, im Rentenalter am Existenzminimum zu leben.

Aus Sicht des SoVD braucht es eine „generelle Kehrtwende“ in der Politik der Alterssicherung und eine „Rückkehr zum Ziel der Lebensstandardsicherung“. Insgesamt geht der Verband von einer Unterfinanzierung der Rentensysteme in einer Größenordnung von etwa 35 Milliarden Euro pro Jahr aus. Im präsentierten Konzept soll dieses Minus unter anderem durch erhöhte Beitragszahlungen kompensiert werden. Ein Vorschlag des SoVD ist es, Selbstständige zur gesetzlichen Rentenversicherung zu verpflichten. Dies würde nach Schätzungen zu jährlichen Mehreinnahmen von bis zu 20 Milliarden Euro führen.

Entscheidend sei es laut Bauer außerdem, prekäre Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnsektor zu verbessern. In diesem Zusammenhang fordert der SoVD eine Anhebung des Mindestlohns auf wenigstens 11,60 Euro pro Stunde – das sei nötig, um nach 45 Jahren Erwerbstätigkeit und Rentenbeiträgen ohne Bezüge aus der Grundsicherung auszukommen.

Gleichzeitig sollen auch die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt an die Rentensysteme deutlich steigen. Zur Finanzierung könne man laut Bauer über Erhöhungen der Vermögen- und Kapitalertragsteuer und beim Spitzensteuersatz der Einkommensteuer diskutieren, um eine gerechte Verteilung zu gewährleisten.

Mehrfach betonte Bauer, dass der politische Handlungsbedarf dringend sei: Schon heute seien rund 540.000 Betroffene auf Grundsicherung im Rentenalter angewiesen – das sind 200.000 mehr als noch im Jahr 2005.Die arbeitsmarktpolitischen Deregulierungen der 90er Jah- re würden sich zudem erst ab Ende der 2030er Jahre komplett bemerkbar machen: „Es liegt jetzt an den Gesetzgebern zu handeln“, so Bauer.

Minh Schredle