Zumindest ist Trump nicht Hillary Clinton

USA Jene Republikaner, die noch mit Donald Trump fremdeln, haben nichts zu sagen beim Parteitag in Cleveland. Sie sehen Trump bestenfalls als kleineres Übel. Die Regie lässt ein leuchtendes Bild von Trump zeichnen – und ein düsteres von den USA

Mit Fahnen verdeckt: Anti-Rassismus-Plakat einer Code-Pink-Aktivistin in Cleveland Foto: Aaron P. Bernstein/reuters

Aus Cleveland Frank Herrmann

Kendal Unruh steht neben einem blauen Pappschild, auf dem in senkrecht angeordneten Lettern der Name Colorado steht, und spricht von ihrem Frust. „Wir sind doch keine Statisten“, schimpft sie. „Wir sind doch nicht hier, um eine nette Kulisse zu bilden für die Krönungsfeier eines Königs.“

Mit dem Monarchen ist Donald Trump gemeint, und in der riesigen Arena, an deren Rand Kendal Unruh zu einem kleinen Reporterpulk spricht, ist alles bereit für die Jubelfeier. Unterm Hallendach bilden Tausende Luftballons einen gewaltigen Klumpen, rote, blaue und weiße Ballons. Am Donnerstag werden sie auf den Parteitag herabregnen, wenn Trump seine erste Rede als offizieller Kandidat der Republikaner fürs Weiße Haus hält.

In den Pausen spielt eine Rockband Titel der Rolling Stones, die Delegation aus Texas trägt geschlossen cremefarbene Cowboyhüte, ein Schlaks aus Illinois einen Zylinder und dazu einen Bart, was beides an Abraham Lincoln erinnern soll. Partystimmung.

Als dann Donald Trump junior im Namen der Abgesandten des Bundesstaats New York verkündet, dass sich New York mit großer Mehrheit hinter Donald Trump senior stellt, ist die Discostimmung perfekt. Aus den Lautsprechern schallt Frank Sinatra, „New York, New York“, was sonst. Die Regie lässt die Halle in blaues Licht tauchen, Neonkegel tanzen über die Menge, die Texaner schwenken ihre Cowboyhüte. „Glückwunsch, Dad. Wir lieben dich“, ruft der Spross des Tycoons, und nur hinten in den Reihen Colorados rührt sich erneut keine Hand zum Applaus.

Später darf Trump junior, ein 38 Jahre alter Unternehmer mit sonnengebräuntem Teint und viel Gel im Haar, noch eine Rede zur besten Sendezeit halten. „Wir haben nicht von Leuten mit Managerstudium gelernt. Wir haben von Leuten mit Doktortiteln in gesundem Menschenverstand gelernt“, blendet er zurück auf seine Jugend. Deshalb seien Trumps Kinder die einzigen Milliardärskinder, die sich auf einer Planierraupe genauso wohl fühlten wie in ihren Limousinen. Donald Trump, der Held der Arbeiterklasse, so ungefähr soll es klingen.

Jenseits der großen Show sind andere Töne zu hören, schnell wird klar, wie sehr viele Republikaner noch immer fremdeln mit einem Mann, dessen Bewerbung ums Oval Office noch vor einem Jahr wie ein Witz wirkte. „Er ist nun mal unser Kandidat“, sagt Sheila Faske, eine rundliche Texanerin von der Golfküste. „Und verglichen mit Hillary Clinton ist er das kleinere Übel.“

Draußen, im Gewühl einer Kneipenstraße, trägt ein Rentner namens Todd Henry ein T-Shirt mit der Zeile „Bikers for Trump“, doch die Optik führt in die Irre. Der Motorradfan aus Ohio hat John Kasich gewählt, den Moderatesten unter den konservativen Kandidaten des Jahres 2016. „Wenigstens ist Trump nicht Hillary“, wiederholt er das allgegenwärtige Motiv.

Willie Robertson, ein Schauspieler mit Rauschebart, hat Millionen gescheffelt mit einer Reality-TV-Serie, die sich „Duck Dynasty“ nennt und vermitteln soll, wie die kleinen Leute im Sumpfgebiet Louisianas leben, wie sie Enten jagen und Klartext reden. Nach Robertsons Worten besteht Clintons Problem darin, dass sie ihre Freizeit nicht mit normalen Leuten seines Schlages verbringe, „mit Leuten, die jagen, angeln und beten“.

„Man möchte aus dem Land fliehen, wenn man das hört“

E. J. Dionne, Kolumnist

Mark Geist und John Tiegen liefern den Part, der Exaußenministerin Clinton schlecht aussehen lassen soll. Die zwei Exmilitärs waren als Wachleute im libyschen Bengasi stationiert, als vier Amerikaner im September 2012 beim Angriff radikaler Islamisten auf das dortige US-Konsulat ums Leben kamen. Nun stehen sie auf der Bühne, der eine trägt eine überdimensionale Gürtelschnalle, der andere hat den Daumen lässig in die Hosentasche seiner Jeans gehakt. Sie führen ein Gespräch, das an Stammtische erinnert – nur dass es um die Details einer Terrorattacke geht. Trump, sagt Geist, werde einen Amerikaner im Ausland nicht im Stich lassen, anders als Hillary.

Rudy Giuliani, der frühere Bürgermeister New Yorks, wirft Clinton vor, dass sie dem Sturz des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi das Wort redete. „Hillary ins Gefängnis“, ruft daraufhin jemand im Saal.

Ansonsten ist es ein denkbar düsteres Bild, das die Choreografie zeichnen lässt: die Kriminalität außer Kontrolle, Amerika auf dem absteigenden Ast, seine Regierung permanent über den Tisch gezogen von schlaueren Chinesen und Mexikanern.

„Man möchte am liebsten aus dem Land fliehen, wenn man das hört“, sagt E. J. Dionne, ein Kolumnist der Washington Post“, draußen vor der Halle. Noch nie, so Dionne, habe er einen derart bizarren Parteikonvent erlebt. Gewiss, auch 2004 habe George W. Bush viel rhetorischem Schlamm nach seinem Widerpart John Kerry werfen lassen. Aber er könne sich an keinen Parteitag erinnern, auf dem die Lage der Nation in derart dunklen Farben gemalt worden sei.