Rentenkonzept der IG Metall: Niveau soll nicht weiter absinken
Die Gewerkschaft warnt vor Altersarmut. Sie legt ein eigenes Reformkonzept für eine verlässliche und ausreichende Altersabsicherung vor.
Berlin taz | Die IG Metall fordert einen Richtungswechsel in der Rentenpolitik. Notwendig sei ein „grundlegender und solidarischer Neuaufbau der Alterssicherung“, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann bei der Vorstellung eines eigenen Rentenkonzepts der Gewerkschaft am Mittwoch in Berlin.
Nach geltendem Recht werde das Rentenniveau weiter sinken und die Regelaltersgrenzen werden steigen, warnt Deutschlands größte Einzelgewerkschaft. Der programmierte Leistungsabbau und die Prekarisierung von Arbeit erzeugten schwerwiegende Versorgungslücken. Weder die betriebliche Altersversorgung noch Privatvorsorgemodelle könnten diese Lücken schließen.
„Eine Rentenversicherung, die steigende Pflichtbeiträge einsammelt und vielfach Altersarmut im Lebensstandard nicht verhindert, verliert fast zwangsläufig an Akzeptanz und Legitimation“, konstatierte IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban.
Dagegen schlägt die IG Metall ein dreistufiges Reformkonzept vor. In einer „Stabilisierungsphase“ soll zunächst das Rentenniveau bis 2021 bei 47,5 Prozent belassen werden. In der darauf folgenden „Ankopplungsphase“ sollen die Renten wieder mit der Lohnentwicklung verknüpft und auf die bislang vorgesehenen Dämpfungsfaktoren soll verzichtet werden. Schließlich soll in einer „Anhebungsphase“ schrittweise das Leistungsniveau der gesetzlichen Rente erhöht werden.
Beim derzeitigen Rentenniveau bekommt ein „Standardrentner“ nach 45 Versicherungsjahren bei durchschnittlichem Verdienst eine Bruttorente von nur 1.370 Euro. Bis zum Jahr 2030 könnte sie sogar auf 1.240 Euro absinken. Die IG Metall strebt demgegenüber eine Standardrente von 1.450 Euro an, die mit 43 Entgeltpunkten erreichbar sein soll. Außerdem fordert die Gewerkschaft, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung anzuheben.
Eine „Demografie-Reserve“ soll in den Zeiten aufgebaut werden, in der die Beitragseinnahmen die Ausgaben übersteigen.
„Das Alterssicherungssystem ist so umzugestalten, dass wir wieder eine verlässliche und ausreichende Absicherung im Alter gewährleisten können“, forderte IG-Metall-Chef Hofmann.
Finanziert werden soll das durch einen Mix: Eine „Demografie-Reserve“ soll in den Zeiten aufgebaut werden, in der die Beitragseinnahmen die Ausgaben übersteigen. Außerdem soll es höhere Steuerzuschüsse etwa zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben wie der Mütterrente geben. Schließlich gehören eine „moderate“ Anhebung des paritätischen Beitragssatzes sowie eine Erweiterung des versicherten Personenkreises dazu.
„Es ist aus unserer Sicht besonders wichtig, dass auch Soloselbstständige, Beamte und Parlamentarier ihren Beitrag zur Altersicherung leisten“, sagte IG-Metall-Vorstand Urban. Das Ziel sei, die Rentenversicherung zu einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung zu entwickeln.
Leser*innenkommentare
Andreas_2020
Mit €1.450 kommen viele Rentner auch nicht weit, denn die urbanen Räume werden immer stärker einem ungezügelten Kapitalismus überlassen. Und die IG Metall hat auch nicht die Macht, das überhaupt durchzusetzen. Schade zwar, aber allzu wird aus dieser Idee hier nicht werden. Außerdem sind die von der IG Metall tolerierten und unterstützten Parteien auf Linie der Agenda 2010: Es soll nach Vermögen gehen. Wer reich ist, der ist auch als Rentner reich, er ist der moralisch gute Mensch. Der Arme ist auch als Rentner arm und das zu recht. Das ist der Rap von SPD und CDU/CSU. Und wer schafft überhaupt mehr als 40 Beitragsjahre? Nie arbeitslos, nie Kinderpause oder Neuorientierung, nie ein Studium oder gar mal ein zweites? Und wo sind die Mrd. der Rentenversicherung geblieben? Für eine konservativ-liebe Organisation wie die IG Metall eine nette Idee, aber auf lange Sicht wird eine neue Rente nur gegen massive Agression und Angriffslustigkeit realisierbar sein. Bislang fehlt Deutschland eine Organisation, die dazu bereit wäre. DGB-Gewerkschaften gehören zum System - die kritisieren es nur, ändern tun sie eigentlich nichts.
André Schlebes
Putzig finde ich an der Idee, dass die Beiträge nicht jetzt steigen, sondern in 10-20 Jahren, wenn die Profiteure der IGM-Ideen längst im Ruhestand sind. Nach mir die Sintflut, sollen es doch die anderen zahlen.
Georg Schmidt
ich weis nicht, mit welchen zahlen die leute rechnen-bei 71 rentenpunkte habe ich 1405 euro rente
Hanne
"Die IG Metall strebt demgegenüber eine Standardrente von 1.450 Euro an, die mit 43 Entgeltpunkten erreichbar sein soll. Außerdem fordert die Gewerkschaft, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung anzuheben."
Tja, die werden wohl auch wissen, wieviel ihre übrig gebliebenen Gewerkschaftsmitglieder noch verdienen und das mind. 45 Jahre lang...
Auf wieviel soll denn zum jetzigen Zeitpunkt die "Grundsicherung" angehoben werden?
Georg Schmidt
@Hanne ig metall wiieder mal aus dem Tiefschlaf erwacht
Waage69
Ja, das wäre ein Ansatz - aber wer solls umsetzen?