Portrait
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Interessiert an Revolution: Doris Tillmann Foto: Bodo Quante/Stadt Kiel

Die Matrosenbraut

Sie strahlt immer noch eine mitreißende Begeisterung aus, wenn sie über ihre Arbeit beim Kieler Stadt- und Schifffahrtsmuseum spricht: Dabei leitet Doris Tillmann das Museum schon seit zwölf Jahren und die Planung der detailreichen Ausstellungen sind aufwendig. Gerade ist sie wieder auf der Suche nach Material – für eine Schau über einen wichtiges Jubiläum der deutschen Geschichte: Im November 2018 ist der Matrosenaufstand 100 Jahre her.

Der sei ein „Meilenstein auf dem Weg zur Deutschen Demokratie“, sagt Tillmann. Anfang November 1918 hatten die Matrosen in Kiel ihre Waffen niedergelegt und so einen Anstoß für das Ende des Ersten Weltkrieges gegeben. Kurz darauf breitete sich dieser Widerstand im ganzen Kaiserreich aus.

Ob es sich dabei um eine Meuterei oder eine Revolution handelte, war lange umstritten: „Die Rezeptionsgeschichte ist spannend“, sagt Tillmann über die verschiedenen ideologischen Interpretationen. „Für die DDR waren die Männer Revolutionäre, für den Westen Verräter.“

Jetzt sei es Zeit, um aufzuzeigen, „welche Bedeutung die Kieler Ereignisse wirklich hatten“. Eigentlich ist die Ausstellung eine Art Forschungsprojekt. Denn Tillmann möchte beweisen, dass Kiel die deutsche Demokratiebewegung angeführt hat, weil „Arbeiter und Matrosen die Sache zusammen in die Hand genommen haben“.

Die Suche nach Quellen und Dokumenten aber ist nicht einfach: „Wir haben das Problem, dass es nur wenige Exponate gibt“, sagt die Kuratorin. „Eine Revolution ist eine Situation, in der niemand Dinge sammelt, die später ins Museum gehen sollen.“

Sie hat schon einige politische Plakate und Dokumente gesammelt, sucht aber weiter nach Fotos, Gemälden und Erinnerungstücken, die neben familiären Geschichten Platz finden sollen. „Was hat die Geschichte für den einzelnen bedeutet? Für den Matrosen, der seine Waffen nach fünf Jahren Krieg niederlegt?“, fragt Tillmann. Diese Details interessieren sie.

Noch hat Tillmann Zeit, um zu suchen: Die Ausstellung wird im Mai 2018 eröffnet und soll bis März 2019 laufen. Im November wird es ein großes Fest zum 100. Jubiläum geben. ANNA DOTTI