Geld ist Freiheit

KinoDer Spielfilm „Treppe aufwärts“von Mia Maariel Meyer folgt der Spielsucht über drei Generationen hinweg

Sohn und Vater in „Treppe aufwärts“ Foto: Missing Films

Einige Spieler, die im Film beeindruckten: Monarch, der „Groschengräber“, der eigentlich Diethard Wendlandt heißt. Ihn porträtierten die beiden Regisseure Martin Stelzer und Johannes Flütsch 1974 in ihrer Dokumentation „Monarch“. Und, gewissermaßen, auch Ulrich Schamoni als „Chef“ im eigenen Film „eins“ von 1971.

Scheine bündelweise

Hatte Wendlandt über Jahre das „Gurken fegen“ derart perfektioniert, dass er mit eigener Assistenz durch die Bundesrepublik kurvte und allerlei Automaten der Bautypen „Mint“ und „Super-Mint“ „ausmistete“, schickte Schamonis Figur zwei junge Tramper los. Gemeinsam fuhren sie an die französische Riviera. Chef schob ihnen zwei passable Anzüge rüber, und schon verschwanden die Herren in den eleganten Casinos, um nach Chefs konzipierter Strategie abzuräumen – und ein Gros des Gewinns gleich wieder an ihn abzutreten.

Es scheint, ein Film zum Thema „Glücksspiel“ befasst sich immer auch mit jenen Möglichkeiten, das Glück zu einer berechenbaren Angelegenheit umzumünzen. Bei Mia Maariel Meyers Spielfilm „Treppe aufwärts“ ist das ebenfalls der Fall. Oder besser: es ist eine Aufgabe. Für Adam (Hanno Koffler) und Bardo (Patrick Wolff) etwa. Adam hat sich im Keller seines Vaters eine Art Automatenlabor hergerichtet, wo es ihm gelungen ist, eine offenbar gängige Automatensoftware zu hacken. Die regelmäßigen Besuche in der Spielhalle werden also zum Erfolg, bündelweise zieht Adam die Scheine aus dem Schlitz.

Etwas anders geht Bardo vor, der eine App zum Automatenlesen entwickelt hat. Dann ist da noch Adams halbwüchsiger Sohn Ben (Matti Schmidt-Schaller). Der ist gerade von seiner Mutter ausgebüt. Und nun bei Adam, irgendwo in Berlins östlichen Randgebieten. Wo die Plattenbauten stehen und die Automaten in den Gewerbegebieten.

Adams Vater Woyzeck (Christian Wolff) hat hier sein Haus errichtet. Ein ehemaliger Spieler. Viele Schulden hat der einst gemacht. Die sind geblieben. Genauso wie der Mythos um den großen Gewinn: „Einmal drei Kirschen! Mit zwanzig Pfennig Einsatz zehntausend Gewinn!“, bäumt er sich auf, bevor er wieder ins Fernsehprogramm abtaucht. Was da läuft: Call-in-Gewinnspiele. Über dreihundert Euro hätte das im vergangenen Monat bereits gekostet, schimpft Adam einmal. Dabei ist schon genug damit zu tun, die alten Schuldscheine des Vaters zu begleichen.

„Treppe aufwärts“, das ist ein Film über einen Fluch, der eigentlich eine Sehnsucht ist. Eine Sehnsucht nach dem schnellen Geld, der Erlösung. Die Idee, dass sich von jetzt auf gleich alles ändern könnte. Woyzeck versucht es seinem Enkel so zu erklären: „Weißt du, der Moment, wo du denkst, dass du mit dem ganz großen Geld nach Hause kommst. Und dann spuckt der Automat … Mann, du, das ist der Moment!“

Generationendrama und Thriller

Die Regisseurin Mia Maariel Meyer interessiert sich für jenes emotionale Fenster, wo die ganzen außer Kontrolle geratenen Glückssuchen plötzlich greifbar, vielleicht lösbar werden. Rückwärts wirkt sich dann das Aufbegehren des Enkels aus, der zunächst seinen Vater zur Rede stellt und der wiederum seinen eigenen.

Dass Mia Maariel Meyer den Teenager Ben hierfür auch noch in Bardos Arme treiben musste, ist derweil des Guten ein wenig viel. So stellt sich zum Generationendrama auch noch Thrillerhaftes ein. Es gibt ein paar Schlägereien – nicht jeder daddelt der Schuldenfreiheit entgegen. „Geld ist Freiheit“, behauptet Bardo. Das ist, wonach in „Treppe aufwärts“ alle suchen. Genauso, wie Monarch und Chef es taten. Gelungen ist es keinem. Carolin Weidner

„Treppe aufwärts“. Regie: Mia Maariel Meyer. Mit Hanno Koffler, Matti Schmidt-Schaller u. a. Deutschland 2015, 92 Min.