Viertägige „Bilderberg“-Konferenz: Dresden zeigt Herz

Von Donnerstag bis Sonntag konferieren Vertreter aus Wirtschaft, Militär und Politik in Dresden. Proteste sind auch angekündigt.

Mann in orangenem Overall montiert Zaun vor Gebäude in Dresden

Ein Zäunchen, damit die Neoliberalen klüngeln können Foto: dpa

DRESDEN taz | Der auf Betonsockeln montierte Zaun um das Dresdner Taschenbergpalais ist noch vom G-7-Finanzgipfel aus dem Vorjahr in Erinnerung. Mit Verzierungselementen passt er sich ein wenig an das barocke Dresdner Zentrum an. Er soll von heute an bis Sonntag unliebsame Demonstranten von der sogenannten ­Bilderberg-Konferenz fernhalten, die in dem heute als Luxushotel genutzten Palais tagt. Etwa 400 Polizisten sichern den Tagungsort, am Mittwoch rollten bereits Wasserwerfer gen Dresden.

Das informelle Treffen von Spitzenvertretern aus Wirtschaft, Militär und Politik ist nach dem Hotel Bilderberg im niederländischen Oosterbeek benannt, in dem sich Westeuropäer und Amerikaner 1954 erstmals trafen. Ergebnisse werden nicht veröffentlicht. Der konspirative Charakter der Konferenz befördert teils abstruse Verschwörungstheorien, etwa den Zusammenbruch des Ostblocks, Terror und Migration betreffend.

Die 130 „Bilderberger“ aus 20 Ländern treffen sich erklärtermaßen als Privatpersonen. Auf der Teilnehmerliste 2016 stehen die drei Bundesminister Ursula von der Leyen, Thomas de Maizière und Wolfgang Schäuble (alle CDU), der niederländische König Willem Alexander und sein Ministerpräsident, Vize­premier Mehmet Şimşek (AKP) aus der Türkei, die Vorstandsvorsitzenden von Siemens, Airbus, Telekom und BP, Springer-Chef Mathias Döpfner und BDI-Präsident Ulrich Grillo. Erwartet werden auch Ex-CIA-Chef David Petraeus und der frühere US-Außenminister Henry Kissinger.

Als „Klassentreffen der Neoliberalen“ bezeichnet Rico Gebhardt, sächsischer Landes- und Fraktionschef der Linkspartei, das Treffen. „In der Politik würde man das Klüngelrunde nennen.“ Die Wahl eines großen Innenstadthotels hält Gebhardt für widersinnig. „Wenn schon Geheimkonferenz, dann in einem abgelegenen Landhotel und nicht im Blickfeld der Öffentlichkeit“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

20 Protestveranstaltungen angekündigt

So jedoch zieht die Konferenz zahlreiche Proteste auf sich. Insgesamt 20 Versammlungen wurden bei der Dresdner Ordnungsbehörde angemeldet. Unter den Veranstaltern befinden sich Parteien wie NPD und AfD, die Dresdner „Mahnwache für den Frieden“ und die Onlinezeitschrift „Die Rote Fahne“. Auch diverse Einzelpersonen haben Kundgebungen angekündigt.

Am Samstag soll zudem unter dem Motto „Bilderberger umzingeln“ eine Demonstration vom Postplatz zum Neumarkt ziehen. Dort wird der Protest auf eine ab Mittag geplante Kunstaktion treffen: „Bilder gegen Bilderberger“. Sie wollen sich nach eigenen Angaben gegenseitig mit bunter Farbe bemalen und so gegen die „geheime übernationale Organisation“ der „Bilderberger“ protestieren.

Für die Vernetzung der Organisatoren im verschwörungstheoretischen Milieu sprechen Facebook-Einträge und die Ankündigung einschlägiger Musiker dieser Szene, darunter das Duisburger HipHop-Duo Die Bandbreite. Am Sonntag möchte dieselbe Gruppe dann ein Herz aus 12.000 Menschen formen und damit den bisherigen Weltrekord brechen, was eher unwahrscheinlich erscheint.

Die Polizeidirektion Dresden hält sich zu den von ihr erwarteten Teilnehmerzahlen bedeckt und möchte Vermutungen darüber „nicht in der Öffentlichkeit diskutieren“, wie ein Sprecher der taz mitteilte.

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