„Schuld spielt keine Rolle“

Dienstliches Im betrieblichen Kontext spielt die Mediation eine wichtige Rolle. Unternehmen und Verwaltungen setzen zunehmend auf eine strukturierte Konfliktbereinigung. Das ist gleichermaßen zum Nutzen von Unternehmen wie deren Beschäftigen

Einen sicheren Rahmen schaffen, in dem die Konfliktbeteiligten selbst aushandeln, wie sie in Zukunft miteinander umgehen wollen Foto: vario images

von Volker Engels

Ungelöste Konflikte in Teams wirken sich schnell auf die Arbeitsleistung aus: Mitarbeiter gehen in die innere oder tatsächliche Kündigung. Eine Mediation bearbeitet nicht nur Konflikte, die in oder zwischen Teams auftreten. Auch Auseinandersetzungen zwischen Betriebsräten und der Unternehmensleitung oder zwischen Firmen können Gegenstand von Mediationen sein.

„Konflikte machen krank“, sagt Peter Knapp, der seit rund 20 Jahren für Unternehmen und Organisationen als Mediator tätig ist. Das Ziel einer Mediation sei es, „die Kommunikation zwischen den Beteiligten wieder in Gang zu setzen“. Dabei müssen sich die Akteure darauf verlassen können, dass der Mediator die Position strikter Allparteilichkeit einnimmt: „Die Frage der Schuld spielt dabei keine Rolle“, betont der Wirtschaftsmediator, „wir ermitteln und bestrafen folglich auch nicht“.

Gute Erfahrungen mit dem Instrument der Mediation hat die Berliner Justizverwaltung gesammelt. „Gerade bei schwierigen oder anstrengenden Jobs ist ein gutes und vertrauensvolles Arbeitsklima unerlässlich“, sagt Gabriele Just, Leiterin der Sozialberatung bei der Berliner Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz.

Das Angebot der Sozialberatung, das unter anderem auch Mediationsangebote umfasst, richtet sich an die rund 10.000 Beschäftigten der Justizverwaltung. „Kostenlos und während der Arbeitszeit können sich die Beschäftigten an uns wenden, wenn die Luft im Team brennt“. Sie selbst hat neben einer Verwaltungsausbildung einen Abschluss als systemische Konfliktmanagerin in der Tasche. „Es ist wichtig, frühzeitig auf Konflikte zu reagieren, Probleme lassen sich nicht durch Schweigen lösen.“

Konflikte in Teams gibt es zum Beispiel, wenn aus einem langjährigen Kollegen plötzlich der Chef wird. Aber auch Umzüge können ein Thema sein. „In der Regel spricht uns der ein Mitarbeiter des Teams oder der Vorgesetzte an und bittet um Unterstützung.“

Die Teilnahme ist für alle Beteiligten freiwillig, die Mediation im Anschluss an die obligatorischen Vorgespräche findet „strikt vertraulich statt“. Im Wesentlichen geht es im Beratungsprozess darum, eine Struktur und einen sicheren Rahmen zu schaffen, in dem sich die Beteiligten austauschen können. Miteinander reden hilft. „Ratschläge gebe ich nicht, die Akteure wissen sehr genau, was sie brauchen, um die Konflikte zu lösen“, betont Gabriele Just. Oft helfe es schon, dass die anderen erfahren, mit welchen Bauchschmerzen der Kollege morgens ins Büro fährt und wie belastend er den Konflikt erlebt. „Wir schaffen also einen sicheren Rahmen, in dem die Konfliktbeteiligten selbst aushandeln, wie sie in Zukunft miteinander umgehen wollen.“

Eine demokratische Idee

Dass die Mediation auf die Ressourcen der Beteiligten setzt, ist für Peter Knapp „eine sehr demokratische Idee, die viel mit Teilhabe zu tun hat“. Denn der Mediator unterstütze die Konfliktparteien dabei, „eigene Lösungen zu finden“. Die Media­tionen, die Gabriele Just verantwortet, können im Einzelfall auch mehrere Wochen dauern. Am Ende schließen die Akteure eine schriftliche Vereinbarung, in der die Konfliktbeteiligten ihren Umgang miteinander fixieren. „Dort wird dann zum Beispiel festgelegt, wie Informationen im Team vermittelt werden oder dass Rückmeldungen wertschätzend erfolgen sollen.“ Die Resonanz auf das Angebot sei so gut, dass inzwischen das Mediationsangebot auch auf andere Senatsverwaltungen ausgedehnt wurde. „Mediation kann vieles leisten, ein Zauberstab ist die Methode aber natürlich nicht.“

Das sieht auch Peter Knapp: „Auch Versetzungen, Kündigungen oder das direkte Gespräch können eine Form der Konfliktbereinigung sein.“ Zwar ist das Prinzip der Freiwilligkeit aller Konfliktparteien im Mediationsprozess erstrebenswert, im betrieblichen Kontext aber wohl nicht immer klar durchzusetzen. Denn die Führungskraft, die ihren Mitarbeitern dringend ans Herz legt, nun endlich an einer Mediation teilzunehmen, verfügt oft eben auch über Sanktionsinstrumente, diesem Wunsch machtvoll Nachdruck zu verleihen.

„Wichtig ist, dass die Konfliktparteien grundsätzlich bereit sind, sich in einen Mediationsprozess zu begeben.“ Und das lohne sich in der Regel „für alle Beteiligten“, meint der Berliner Mediator Knapp. Diese Einschätzung teilen offensichtlich Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter gleichermaßen: die Industrie- und Handelskammern haben ebenso wie gewerkschaftliche Bildungsträger Mediationsangebote in ihrem Programm.