Änderung des Sexualstrafrechts: Im Sommer heißt Nein nein

Rechts- und FrauenpolitikerInnen der Koalition sind sich einig: Das Strafgesetzbuch soll um Grunddelikte wie „sexueller Übergriff“ erweitert werden.

Ein Buch zum Strafrecht liegt im Kriminalgericht

Braucht dringend ein Update: das Strafgesetzbuch Foto: dpa

FREIBURG taz | Schon am 7. oder 8. Juli des Jahres soll der Bundestag das Prinzip „Nein heißt Nein“ im deutschen Sexualstrafrecht verankern. Darauf haben sich die Rechts- und FrauenpolitikerInnen von Sozialdemokraten und CDU/CSU geeinigt. Der konkrete Vorschlag für die Änderung des Strafgesetzbuchs liegt der taz vor.

Künftig soll es ein neues Grunddelikt namens „sexueller Übergriff“ geben (Paragraf 177). Danach würde sich strafbar machen, „wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt“. Der Wille des Opfers ist „erkennbar“, wenn er ausdrücklich geäußert wird („nein“) oder sonst deutlich wird, etwa durch Weinen oder Abwehren der Handlung, heißt es in der Begründung des Koalitionspapiers. Der „sexuelle Übergriff“ soll mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren bestraft werden. Ebenso wird künftig ein sexueller Überraschungsangriff bestraft, bei dem das Opfer gar keinen Willen bilden oder gar äußern konnte.

Bisher kann laut Gesetz nur in drei Konstellationen eine „sexuelle Nötigung“ bestraft werden: Wenn der Täter die Duldung des Opfers mit Gewalt oder mit bestimmten Drohungen erzwingt oder wenn der Täter eine schutzlose Lage ausnutzt. Es genügt nicht, dass der Täter ein Nein des Opfers missachtet.

Die Vergewaltigung ist eine besonders schwere sexuelle Nötigung, bei der der Täter in den Körper des Opfers eindringt. Die bisherigen Delikte „sexuelle Nötigung“ und „Vergewaltigung“ bleiben mit Mindest­strafen von einem Jahr beziehungsweise zwei Jahren erhalten.

Zustimmung gilt als sicher

Neu einführen will die Koalition das Delikt „sexuelle Belästigung“ (Paragraf 184i). Geplant ist folgende Formulierung: „Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Der Strafrahmen ist also gegenüber dem „sexuellen Übergriff“ deutlich abgesenkt. Auch soll das Delikt nur auf Antrag des Opfers oder bei besonderem öffentlichem Interesse verfolgt werden. Bisher galten unerwünschte sexuelle Berührungen über der Kleidung als straflos, weil „nicht erheblich“. An der Erheblichkeitsschwelle will die Koalition jedoch festhalten, was noch nicht stimmig wirkt.

Ebenfalls neu ist das geplante Delikt „Straftaten aus Gruppen“ (Paragraf 184j). Danach würde sich strafbar machen, „wer sich an einer Personengruppe beteiligt“, die eine andere Person zur Begehung von Sexualstraftaten „umdrängt“. Es drohen Geldstrafe oder Haft bis zu fünf Jahren. Diese Norm war vor allem der CDU/CSU als sichtbare Reaktion auf die Vorkommnisse der Silvesternacht von Köln wichtig, in der Frauen auf der Domplatte angegriffen wurden. Der Tatbestand ist aber eher symbolisch, denn auch heute schon ist die Beihilfe zu einer Sexualstraftat strafbar. Wenn eine sexuelle Nötigung „von mehreren gemeinschaftlich begangen“ wird, gilt dies heute und weiterhin sogar als strafschärfend.

Paragraf 184j war der Union als Reaktion auf die Kölner Silvesternacht wichtig

Ausgearbeitet wurde der Gesetzesvorschlag von einer neunköpfigen Abgeordnetengruppe um die SPD-Fraktionsvizevorsitzende Eva Högl und Elisabeth Winkelmeier-Becker, die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU. Die Zustimmung der beiden Regierungsfraktionen gilt als sicher.

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