Streit über Beförderung

Antisemitismus Das Lüdenscheider Firma Hasco will einen Facebook-Hetzer befördern. Betriebsrat und Gewerkschaft wehren sich dagegen. Arbeitsgericht muss entscheiden

Antisemitismus auf Facebook: Beschäftigter aus Lüdenscheid hat nun Ärger am Arbeitsplatz Foto: Jens Büttner/dpa

von Hans-Ulrich Dillmann

BERLIN taz | Mehr als ein Jahr verzierte ein 35 Jahre alter Lüdenscheider seinen Facebook-Auftritt mit einem antiisraelischen „Fuck you Israel“. Dazu postete er ein Verbotsschild mit einem durchgestrichenen Davidstern. Zwar ist die judenfeindliche Äußerung inzwischen gelöscht. Die antisemitische Symbolik erhitzt jedoch die gewerkschaftlichen Gemüter in Lüdenscheid.

Denn der Mann, der in der sauerländischen Kleinstadt beim Werkzeugmaschinenhersteller und Formenbauer Hasco Leiter einer Beschäftigtengruppe ist, sollte befördert werden und künftig statt für 5 für insgesamt 13 Mitarbeiter verantwortlich sein. Das lehnten Belegschaftsvertreter ab.

Der Betriebsrat beruft sich auf das Betriebsverfassungsgesetz, nach dem er seine Zustimmung bei einer drohenden Störung des Betriebsfriedens, „insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung“, verweigern kann.

Die Geschäftsleitung des Betriebs missachtete nicht nur das Betriebsratsveto, sondern klagte auch gegen die Entscheidung der Belegschaftsvertretung. Bei der Güteverhandlung Ende Mai prallten vor dem Arbeitsgericht die Positionen unversöhnlich aufeinander.

Die Lüdenscheider Nachrichten berichten, dass es wegen des Gruppenleiters schon einmal innerbetriebliche Diskussionen gegeben habe. Der Mann mit türkischem Migrationshintergrund habe damals Untergebene angewiesen, ein Kreuz von der Wand ihres Arbeitsplatzes zu entfernen. Er habe sich durch das christliche Symbol in seinen Gefühlen als Muslim verletzt fühle.

Der juristische Vertreter von Hasco sieht in dem Facebook-Post keine Störung des Betriebsfriedens. Es gehe hier, so der von dem Unternehmen engagierte Markus Weron vor Gericht, „nicht um Religion, sondern um den Staat Israel“. Dies sei durch die Meinungsfreiheit gedeckt. Der Betriebsrat habe sich „aufstacheln lassen“.

Michael Mey, Leiter der DGB-Rechtsschutzabteilung in Hagen und juristischer Vertreter des Hasco-Betriebsrats, ist empört. Antisemitische Äußerungen seien nicht mit Meinungsfreiheit zu legitimieren. Wer solche Facebook-Posts publiziere, dürfe als Gruppenleiter nicht auch noch mehr betriebliche Verantwortung bekommen. „Wir müssen wohl nicht erklären, dass judenfeindliche Äußerungen betriebliche Auswirkungen haben“, sagt der Gewerkschaftsjurist.

Auch die zuständige Richterin am Arbeitsgericht, Eva Uebbert, fand bei der Güteverhandlung keinen Kompromiss: „Für einen Vergleichsvorschlag fehlt mir in dieser Sache die Fantasie.“ Im Oktober soll jetzt die formale Verhandlung vor dem Arbeitsgericht stattfinden.

Kurios ist der Fall „Hasco gegen Betriebsrat“ durch die familiären Bezüge der Gründerfamilie zum Judentum. Hugo Hasenclever, ein Protestant, der das Unternehmen als kunsthandwerklichen Betrieb 1924 gründete, war mit einer Jüdin verheiratet – und wurde deswegen ebenso wie seine Frau durch den NS-Unrechtsstaat verfolgt. Sohn Rolf Hasenclever, der den elterlichen Betrieb nach dem Krieg groß machte, wäre somit nach der Halacha, dem religionsgesetzlichen Rechtssystem, Jude.

Als die jüdischen Wurzeln der Familie Hasenclever in einem Gedenkbuch über Juden in Lüdenscheid im Jahre 1994 bekannt gemacht wurden, versuchte der Sohn allerdings die Veröffentlichung zu verhindern. Schließlich kaufte der 2008 verstorbene Rolf Hasenclever die gesamte Auflage auf. In der zweiten Auflage wurde auf jeglichen Hinweis auf die Familie Hasenclever verzichtet.