Chemiebranche

Das deutsche Unternehmen Bayer will die US-Firma Monsanto ­kaufen. Dann hätte kein Konzern größere Macht über unser Essen

Der Teufel steckt im Konzern

Feindbild Gentechnik, Agent Orange, Glyphosat – Monsantos schlechtes Image hat dazu beitragen, den Gentech-Anbau in Deutschland zu verhindern

Dass Lebewesen patentiert werden können, halten viele Kritiker für unmoralisch

BERLIN taz | Kein Konzern ist so böse wie Monsanto – sagen große Teile der Umweltbewegung. Das hat sich der US-Saatgut- und Pestizidhersteller vor allem dadurch eingebrockt, dass er als einer der Ersten gentechnisch veränderte Pflanzen entwickelt hat und weltweit Marktführer ist. Dabei hätten Studien gezeigt, dass diese Produkte Krebs, Unfruchtbarkeit und Missbildungen verursachen könnten, heißt es im Aufruf zum „March against Monsanto“, bei dem am Samstag Aktivisten in mehreren Ländern gegen den Konzern demonstriert haben.

Seine Kritiker, wie die Organisatoren des „Monsanto Tribunals“, werfen Monsanto vor, es fördere ein Modell der Landwirtschaft, das „durch den massiven Einsatz von Chemikalien die Umwelt verpestet, den Verlust der biologischen Vielfalt beschleunigt und massiv zur globalen Erwärmung beiträgt.“

Bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts vermarkte das Unternehmen „hochgiftige Produkte, die Krankheit oder Tod von Tausenden von Menschen verursachten und die Umwelt dauerhaft schädigten“. Tatsächlich verkaufte das Unternehmen jahrzehntelang die Industriechemikalie PCB. Sie ist giftig und krebserregend. Einmal in der Umwelt und vor allem in der Nahrungskette, bleibt sie dort für lange Zeit. In Deutschland etwa wird sie seit Jahrzehnten nicht mehr genutzt, dennoch belastet sie noch immer Luft, Wasser und Boden.

Monsanto lieferte von 1965 bis 1969 auch einen Großteil des Unkrautvernichtungsmittels „Agent Orange“, mit dem das US-Militär im Vietnamkrieg Wälder und Felder zerstörte. Darunter leiden heute noch Bevölkerung und Soldaten, vor allem weil Agent Orange krebserregende Dioxine enthielt.

Auch an diese dunkle Geschichte erinnerten europäische Umweltschützer, die seit 1996 gegen die Gentechnik in der Landwirtschaft mobilisierten. Damals brachte Monsanto die ersten gentechnisch veränderten Sojabohnen aus den USA nach Deutschland.

Die Hinweise auf die Untaten des Konzerns trugen maßgeblich dazu bei, dass immer mehr Menschen der Gentechnik misstrauten und sich der Anbau dieser Pflanzen etwa in Deutschland nie richtig durchsetzte. Unbehagen verursachten auch Berichte, wonach Monsanto in Nordamerika Bauern verklagte, die mutmaßlich sein Saatgut benutzt hatten, ohne dafür zu bezahlen. Seine Ansprüche rechtfertigte das Unternehmen mit den Patenten, die es auf die Gentechpflanzen angemeldet hatte. Dass Lebewesen patentiert werden können, halten viele Kritiker für unmoralisch.

Die Kampagnen aus Europa verfingen auch in anderen Regionen. Selbst Monsanto-Sprecher Brandon Mitchener räumt im Gespräch mit der taz ein: „Man kann leider feststellen, dass es Imageprobleme in der ganzen Welt gibt.“ Schuld seien immer Nichtregierungsorganisationen, „die Desinformatio­nen gegen uns streuten“. Sogar in seinem Heimatland USA wuchs der Widerstand gegen Monsanto und die Gentechnik.

Der Konzern versucht seit etwa zwei Jahren mit Internet-Kampagnen gegenzusteuern. Aber so richtig gelingt ihm das nicht. Derzeit droht Monsanto das nächste Debakel in Europa: Kritiker haben erreicht, dass die Zulassung des maßgeblich mit der Firma verbundenen Unkrautvernichters Glyphosat wegen seiner mutmaßlich krebsauslösenden Wirkung bislang nicht verlängert wurde. JMA