EuGH-Generalanwalt rügt die Deutsche Bahn AG

Schienenverkehr Die Art der Bilanzierung erschwert die Kontrolle unerlaubter Beihilfen

Die EU-Kommission würde das Unternehmen am liebsten zerschlagen

FREIBURG taz | Der Deutsche Bahn-Konzern ist nicht transparent genug. Zu diesem Ergebnis kam der unabhängige Generalanwalt Manuel Campos Sanchez-Bordona in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), bei dem es um mögliche Quersubventionierungen bei der Bahn AG geht.

Im Oktober 2014 hatte die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Die Gewinne aus der Netzsparte der Bahn, die an die Bahn AG abgeführt werden, seien nur möglich, weil die Infrastruktur staatlich subventioniert werde. Damit würden öffentliche Mittel für das Netz in den Verkehrsbetrieb weitergeleitet. Dies sei eine unzulässige Quersubventionierung und verstoße gegen das erste Eisenbahnpaket der EU von 1991.

Der Generalanwalt, der das Urteil des EuGH vorbereitet, unterstützt die EU-Kommission nur in einem von mehreren gerügten Punkten. So sei die Bilanzierung im Bahn-Konzern nicht dazu geeignet, zu kontrollieren, ob Subventionen für das Netz letztlich dem Zugverkehr zugute kommen. Denn diese würden in der Bilanz nicht ausgewiesen, und zwar weder bei der Tochter- noch bei der Muttergesellschaft.

Dass es tatsächlich eine Querfinanzierung gibt, habe die EU-Kommission jedoch nicht belegt. Der „bloße Verdacht“ genüge jedenfalls noch nicht, um einen Vertragsverstoß Deutschlands festzustellen. Auch der Vorwurf, es gebe keine hinreichenden Garantien, um die Übertragung von Beihilfen auszuschließen, könne nicht als Grundlage für eine Verurteilung dienen, so Campos Sanchez-Bordona. Schließlich sei die Querfinanzierung in Deutschland gesetzlich verboten und es gebe auch nationale Kontrollorgane. Im Jahr 2015 habe Deutschland sogar klar geregelt, dass Gewinne aus der Netzsparte vom Bund wieder „im selben Tätigkeitsbereich reinvestiert“ werden müssen. Der EuGH folgt den Empfehlungen der Generalanwälte oft, aber nicht immer. Das EuGH-Urteil wird im Sommer erwartet (Az. C-482/14)

Schon 2013 lehnte der EuGH eine Klage der Kommission gegen Deutschland ab und stellte fest, dass die Netzsparte der Bahn unabhängig genug ist. Sie sei ein eigenes Unternehmen mit eigenen Organen.

Die EU-Kommission würde am liebsten die Bahn zerschlagen. Sie glaubt, dass der Betrieb von Netz und Zügen unter einem Dach keinen fairen Wettbewerb mit anderen Eisenbahnunternehmen ermöglicht. Politisch konnte sie sich damit aber bislang nicht durchsetzen.

Christian Rath