Frauen sollen auch mit den Taliban verhandeln

SICHERHEIT Regierung verabschiedet Aktionsplan zu Beteiligung und Schutz von Frauen in Konflikten

BERLIN taz | War es eigentlich klug, bei den Verhandlungen über Afghanistans Zukunft auf dem Bonner Petersberg im Jahr 2001 vor allem Warlords einzuladen – und unter 36 Anwesenden nur 3 Frauen mitdiskutieren zu lassen? Kann man etwas daran ändern, dass deutsche Soldaten in Masar-i-Scharif zugucken, wenn ein Mann seine Frau auf der Straße schlägt? Lässt sich ein Flüchtlingslager so planen, dass sexuelle Gewalt möglichst nicht stattfindet? All diese Fragen werden in der UN-Resolution 1325 und ihren Folgeresolutionen aufgeworfen. Sie möchten die Belange der Frauen in die Krisenprävention und -reaktion integrieren. Das finden alle schön, aber was tun die Staaten nun konkret dafür?

Deutschland hat gestern einen ersten Nationalen Aktionsplan vorgelegt. Darin ist festgehalten, dass die Bundesregierung ab jetzt dafür sorgen will, dass Frauen angemessen an der Planung und Durchführung von Kriseneinsätzen beteiligt werden. SoldatInnen, PolizistInnen und zivile MitarbeiterInnen sollen sensibilisiert, Frauen und Männer besser vor sexueller Gewalt geschützt werden. So haben Polizei und Bundeswehr einen Fortbildungskurs konzipiert, der über „Women, Peace and Security“ aufklärt. Die Regierung unterstützt Frauenhäuser und eine NGO, die in Kolumbien alternative Männlichkeiten jenseits des Machismo propagiert.

Ute Scheub vom NGO-Bündnis 1325 ist zufrieden: „Das ist ein Anfang“, sagt sie. Jetzt müsse man den Prozess natürlich begleiten. Kürzlich bekam sie schon eine Kostprobe der neuen Sensibilität: In Afghanistan stehen Verhandlungen mit den Taliban an. Als sie forderte, dass Frauen daran beteiligt werden müssen, hieß es: „Mit den Taliban? Das geht auf keinen Fall. Die sind doch so frauenfeindlich!“ Genau an diesen Punkten müssten eben kreative Lösungen gefunden werden, fordert Scheub und verweist auf Verhandlungsdelegationen, in denen Frauen mitwirkten, aber durch einen Ombudsmann in den konkreten Gesprächen vertreten wurden.

Der Aktionsplan wird anhand festgelegter Indikatoren überprüft: Wie viele Frauen waren wann wo beteiligt, wie viele sexuelle Übergriffe gab es, wie viele geschlechtersensible Projekte? 2016 soll die Bundesregierung dazu einen Bericht vorlegen. HEIDE OESTREICH