Zweckentfremdungsverbot: Berliner sind gut beim Anschwärzen

AnwohnerInnen und AktivistInnen wehren sich gegen Ferienwohnungen. Hunderte von Beschwerden gingen wenige Tag nach dem Inkrafttreten des Verbots ein.

Ein Berliner Wohnungsschlüssel für eine Ferienwohnung.

Über Airbnb und Wimdu werden etliche Ferienwohnungen vermittelt. Das Betreiben der Wohnungen ist jetzt illegal Foto: dpa

Der Bezirk Pankow hat in den letzten Tagen einen regelrechten Melde-Boom erlebt. Über 200 BürgerInnenhinweise gingen zu möglicherweise zweckentfremdeten Wohnungen ein.

Am 1. Mai endete die zweijährige Übergangsfrist im Rahmen des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes für Wohnraum. Zu Beginn der Frist 2014 konnten BetreiberInnen ihre Ferienwohnungen melden, um den Bestandsschutz bis 2016 zu erhalten. Seit vergangenen Sonntag müssen aber alle Ferienwohnungen wieder dem normalen Mietmarkt zur Verfügung stehen.

„Von den 905 im Jahr 2014 gemeldeten Ferienwohnungen in Pankow, sind 100 wieder auf dem Mietmarkt“, sagte Bezirksstadtrat von Pankow Dr. Torsten Kühne (CDU). 200 BetreiberInnen hätten zudem schon Anträge auf weitere Nutzung gestellt. Da dies aber in der Regel abgelehnt werde, rechne das Bezirksamt mit bis zu 200 Klagen.

„Momentan konzentrieren wir uns auf die 500 bis 600 FerienwohnungsbetreiberInnen, von denen wir bisher noch keine Rückmeldung erhalten haben, ob die Wohnung wieder zurück auf dem Mietmarkt ist“, so Kühne. Gleichzeitig gehe man den Bürgerhinweisen nach, die über das Online-Meldeformular des Senats eingegangen seien. Allerdings seien dem Bezirksamt einige davon schon bekannt gewesen, so Kühne.

Ein enormer Rechercheaufwand

Laut Bezirksstadtrat Stephan von Dassel (Die Grünen) werden in Mitte derzeit über 400 Anträge auf Weiternutzung geprüft: „Wir kümmern uns jetzt aber nicht nur um jene, die sich ordnungsgemäß gemeldet haben, sondern um die, die in deren Windschatten fahren“. Im nächsten Schritt schreibe das Bezirksamt die Pauschalbetreiber an und erfrage die genauen Adressen der Ferienwohnungen.

Das Überprüfen der freiwillig und unfreiwillig Gemeldeten sei ein enormer Rechercheaufwand, erklärt Bezirksstadtrat Torsten Kühne: „Oft ist es nicht so einfach, die EigentümerInnen zu kontaktieren, vor allem, wenn diese sich im Ausland befinden.“

Das Zweckentfremdungsverbot habe laut der BesetzerInnen „nicht gewirkt“

Am Dienstagnachmittag besetzten linke Aktivisten eine Ferienwohnung am Kreuzberger Maybachufer. Aus mehreren Fenstern des Neubaus hängten sie Transparente, um ihre Aktion öffentlich zu machen. Weitere Aktivisten versammelten sich währenddessen zu einer Kundgebung vor dem Haus. Auf einem Banner forderten sie etwa: „Den Profiteuren der Verdrängung auf die Pelle rücken.“

Eine Erklärung zu der Besetzung wurde auf der Twitterseite der Initiative „Social Center 4 All“ veröffentlicht. Die Verfasser kritisieren darin, dass das Zweckentfremdungsverbot des Senats „nicht gewirkt“ habe. Die Besetzung solle „dem gewollten staatlichen Versagen konkretes Handeln entgegensetzen“.

Drei komplette Ferienwohnungen in einem Haus

In dem Schreiben wird darauf verwiesen, dass aktuell allein beim größten Internet-Anbieter Airbnb 209 Ferienwohnungen im Gebiet zwischen Kottbusser Straße, Maybachufer, Pannierstraße und Sonnenallee angeboten werden. In dem betreffenden Haus Nummer 19 würden drei komplette Wohnungen angeboten. Dies habe zur Folge, dass immer mehr „Touristen mit Rollkoffern“ durch die Straßen liefen, während die Wohnsituation für Flüchtlinge „unerträglich“ sei.

Bis Redaktionsschluss war die Wohnung zugänglich; Polizisten hielten sich jedoch bereits vor dem Gebäude auf. Die Initiative Social Center 4 All bemüht sich seit vergangenem Herbst um Häuser, die als „selbstverwaltete Räume“ für Initiativen und Geflüchtete zur Verfügung stehen. Eine Besetzung der Alten Post in der Neuköllner Karl-Marx-Straße wurde im November von der Polizei umgehend geräumt.

Am 8. Juni wird über die Verfassungsklage des Online-Ferienwohnungsportal Wimdu gegen die Stadt Berlin entschieden. Erst dann wird klar, ob sich 34 MitarbeiterInnen um die Umsetzung des Gesetzes kümmern.

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