Kommentar Prämie für Elektroautos: Belohnung für Dieselgate

Die Regierung bedient die Autoindustrie. Sie gibt ihr saftige Subventionen gegen die Angst, den anderen mit toxischen VWs hinterherzudieseln.

Ein Auto wird über ein langes Kabel mit Strom aufgeladen

Eine Ökostrom-Ladesäule aus dem Jahr 2012 Foto: dpa

Jahrelang hat die Bundesregierung der Versuchung widerstanden, das Elektroauto mit einer Kaufprämie anschieben zu wollen. Das Projekt erschien aussichtslos, zu groß waren die Probleme der Branche mit ihren kleinen Reichweiten und großen Preisen, mit fehlenden Ladestationen und ohne den Mut, die Autos wirklich kleiner und leichter zu machen.

Stattdessen erinnerten die Batteriefahrzeuge an die Anfänge des Elektroautos Ende des 19. Jahrhunderts, als die Automobiljournalisten bereits erkannten: „Leider ist die Capazität der Elemente eine sehr geringe, die Batterien liefern trotz eines großen Volumens und Gewichts nur sehr wenig und bloß für kurze Zeit elektrischen Strom. Auch sind die Kosten dafür sehr hoch.“

Das Elektroauto des 21. Jahrhunderts war bisher nicht mehr als ein grüner Strohmann. Die PS-Industrie produzierte zu 99 Prozent fossile Benziner und Dieselfahrzeuge, stellte die Stromer aber als glitzernde Wunschmaschinen der automobilen Erneuerung ins Rampenlicht. Nahezu null Absatz, aber schicke Kisten für die Automobilsalons. Und der sanft schnurrende Beweis der Zukunftsfähigkeit. Der fehlende Erfolg erschien dann immer als Versagen der Autokäufer, die einfach zu knauserig sind. Und als Fehler von Schäuble, der keine Prämie rausrückt.

Inzwischen hat sich die Stimmung etwas gedreht. Die Markterfolge des US-Autobauers Tesla und der chinesischen Marke BYD haben den typisch deutschen Angstimpuls ausgelöst, abgehängt zu werden. Die anderen fahren elektrisch voraus, wir dieseln mit unseren toxischen VWs hinterher. Die deutsche Neurose des Anschlussverlierens wird vor allem von den Medien befördert. Die übersehen, wenn sie die Tesla-Verkaufszahlen verbreiten, dass die US-Firma auf einem riesigen Schuldenberg sitzt und ihre Autos eher ein Spielzeug für Reiche sind, als ein vernünftiges Fortbewegungsmittel.

Dass Elektroautos nur dann Umwelt und Klima helfen, wenn ihr Strom komplett aus Erneuerbaren Energien kommt und nicht aus Braunkohle. Dass zukunftsfähige Elektrofahrzeuge nicht die üblichen Großpanzer und Rennautos sein können, die lediglich einen neuen Antrieb bekommen.

Jetzt also doch: eine saftige Subvention für die Autoindustrie. Der es ja auch richtig schlecht geht, weil sie von den Umweltbrigaden übler Machenschaften überführt wurde. Dass die Zunft ausgerechnet zu einem Zeitpunkt Kaufprämien als Belohnung hinterhergeworfen bekommt, an dem sie wie eine kriminelle Vereinigung dasteht, die jahrelang, vorsätzlich und in großem Stil Kunden, Behörden und Öffentlichkeit betrogen und Umwelt und Klima ausgeräuchert hat, das ist die große Pointe in diesem Spiel. Die Bundesregierung bestätigt mit dem Prämien-Vorhaben alte Vorurteile: dass sie nur der Bettvorleger der Autokonzerne ist.

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Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.

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