Eltern gegen Intoleranz

HOMOSEXUALITÄT Die Elterngruppe beim Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben setzt sich seit 20 Jahren für die Anerkennung Homosexueller ein

Nach wie vor herrschten Diskriminierung und Intoleranz vor, sagt Ursula Schulze

Jeden dritten Freitag im Monat trifft sich eine Elterngruppe beim Rat und Tat Zentrum für Schwule und Lesben. Seit 20 Jahren. Vergangene Woche feierte die Gruppe Jubiläum.

Ursula Schulze rief sie 1989 ins Leben. Ihr Sohn hatte sich kurz zuvor geoutet. „Händeringend“, sagt sie, habe sie damals eine andere Mutter mit einem schwulen Sohn gesucht. „Ich hatte viele Ängste.“ Und über die wollte sie sprechen – mit jemandem, der diese Ängste kennt. Schulze nahm Kontakt zum Rat und Tat Zentrum auf, besorgte sich Bücher über Homosexualität. „Die haben mir erst die Augen geöffnet“, sagt sie, „ich wusste vorher gar nichts darüber.“ Zu den Treffen im Rat und Tat Zentrum kam zunächst niemand. Monatelang hätte sie alleine da gestanden, sagt sie. Heute seien es 16 Mütter und Väter, die sich regelmäßig treffen.

Gleich geblieben, so Schulze, seien die Themen, mit denen Eltern in die Gruppe kämen. „Die erste Sorge ist immer, man könnte in der Erziehung etwas falsch gemacht haben.“ Dann kämen die Ängste: Dass das Kind diskriminiert oder im Alter einsam werden könnte. Und die Angst, man selbst könne keine Enkelkinder bekommen. „Ich musste das Coming-out meines Sohnes auch erstmal verdauen“, sagt sie. Besonders schwer täten sich die Väter. Zur Gruppe seien zum Großteil Mütter gestoßen. Für Schulze „ein Phänomen“. Das führt sie auf die Konfrontation mit der eigenen sexuellen Identität zurück. Die setze ein, wenn ein Kind sich oute. Mütter lesbischer Töchter hätten ähnliche Probleme damit wie Väter schwuler Söhne.

Die eingetragene Lebenspartnerschaft und Prominente, die sich in der Öffentlichkeit outen, hätten die Enttabuisierung von Homosexualität seit den Anfängen der Gruppe voran getrieben, so Schulze. Die Elterngruppe hat für all das mitgekämpft: Sie hat sich an den Aktionen des Rat und Tat Zentrums beteiligt und den Bundesverband von Eltern, Freunden und Angehörigen Homosexueller mitgegründet. Und sie bemüht sich weiter darum, in Bremen politisch mitzuwirken: Die Eltern sitzen mit am Lesbisch-Schwulen Runden Tisch beim Sozialressort, beteiligen sich am Landesarbeitskreis für Lesben- und Schwulenpolitik.

Vollbracht seien aber erst „kleine Schritte“. Allgemein gesellschaftlich, sagt Schulze, herrschten nach wie vor Diskriminierungen und Intoleranz vor. Dass Bremen, Hamburg und Berlin mit ihrem Antrag, den Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität im Grundgesetz zu verankern, vergangenen Freitag im Bundesrat scheiterten, habe sie nicht gewundert – „bei der Regierungskoalition“. Um Vorurteile weiter abzubauen und die Akzeptanz Homosexueller zu fördern, sagt sie, brauche es auch den Einsatz der Kirchen. „Die könnten viel bewirken“, glaubt sie. AG

Jeden dritten Freitag im Monat, 20 Uhr, Rat und Tat Zentrum, Theodor-Körner-Str. 1, ☎ 70 00 07