Fehlstunden als Geschenk

Demo Rund 1.000 SchülerInnen demonstrierten zusammen mit Studierenden – gegen Rechtspopulismus, Rassismus und für freien Bildungszugang für Flüchtlinge

Haben laut Polizei ihr „Demonstrationsrecht gut ausgenutzt“: Bremer SchülerInnen während des „Bildungsstreiks“ Foto: Ann-Kathrin Just

von Jannik Sohn

Etwa 1.000 SchülerInnen und Studierende demonstrierten am Mittwoch in der Innenstadt gegen Rassismus, Asylrechtsverschärfung und für einen freien Bildungszugang für Flüchtlinge. Das bundesweite Bündnis „Jugend gegen Rassismus“ hatte zu dem „Bildungsstreik“ aufgerufen. Federführend für die Organisation des Bremer Streiks war die GesamtschülerInnenvertretung GSV. Vom Hauptbahnhof zog der Protestzug zur Bildungsbehörde, über den Brill und die Neustadt bis zum Marktplatz. Dort fand eine Abschlusskundgebung statt.

Mit Sprüchen wie „Kein Mensch ist illegal, Bleiberecht überall“ oder „Grenzen auf überall, Stacheldraht zu Altmetall“ skandierten die DemonstrantInnen durch die Straßen. Auf Transparenten forderten sie die Bekämpfung der „Fluchtursache Kapitalismus“. Zu Beginn rief die Moderation: „Wir wollen ein fettes Zeichen gegen Rassismus setzen.“

Die Sprecherin des Bremer Bündnisses, Claara König sagt, man wolle die Kämpfe von SchülerInnen und Studierenden mit dem Kampf gegen Rechtspopulismus verbinden. Zu den Forderungen des Bündnisses gehörten der „kostenfreie Zugang zu Bildung“, „Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums“ und „offene Grenzen“.

Für die versäumten Unterrichtsstunden könne die GSV Entschuldigungen verteilen, sagt König, die aber „wird ganz oft nicht angenommen“. In der Vergangenheit hätten SchülerInnen dadurch schon Fehlstunden erhalten. LehrerInnen hätten den Demobesuch verboten oder mit schlechten Noten gedroht, sagt König. So würden sich SchülerInnen teilweise nicht trauen, die Aktionen der GSV zu besuchen. Im Vorfeld des Protests wendete sich die SchülerInnenvertretung deshalb an das Lehrpersonal.

In einem offenen Brief forderte sie die LehrerInnen auf, die SchülerInnen „zu mobilisieren und zu ermutigen“ und selbst an dem Streik teilzunehmen. Um auf das schulische Demonstrationsverbot einiger LehrerInnen aufmerksam zu machen, sammelt die GSV nun die Fehlstunden. Die sollen dann der Bildungsbehörde „geschenkt“ werden.

Auch der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Universität ist Teil des Bündnisses. „Der Bildungsstreik richtet sich gegen Ausgrenzung und Krieg“, sagt das Asta-Mitglied Tom Robin Hoffmann. „Ausgehend von der GSV begrüßen wir die Vernetzung aller Bremer Bildungsinstitutionen“. Die Studierendenvertretung schließe sich den Forderungen des Bündnisses an. Man sei an der Mobilisierung der Demo beteiligt gewesen und habe den Lautsprecherwagen zur Verfügung gestellt.

LehrerInnen sollen den Demobesuch verboten oder mit schlechten Noten gedroht haben

Bremens Polizeisprecher Nils Matthiesen sagte der taz, man sei mit der Demo „zufrieden“, ohne Vorkommnisse hätten die Teilnehmenden das „Demonstrationsrecht gut ausgenutzt“.

Das Bremer Bündnis organisierte im Vorfeld eine weitreichende Kampagne. „Als erstes haben wir eine Mobil-Tour gemacht“, berichtet Sprecherin König. Die GSV besuchte Schulen und verteilte dort Flyer und Sticker. Vergangenen Freitag bot das Bündnis einen Info- und Workshoptag an, der, laut König, „gut besucht“ war. Mit einer Blockade der Sielwall-Kreuzung machte das Bündnis bereits vor zwei Wochen auf sich aufmerksam. Videos von den Aktionen wurden online verbreitet.

Deutschlandweit demonstrierten junge Menschen am Mittwoch, so auch in Berlin. Laut Angaben der OrganisatorInnen, sollen hier etwa 4.000 junge Menschen protestiert haben. Bereits im Februar gab es laut Claara König eine überregionale Konferenz des Bündnisses. Weitere sollen folgen, ergänzt sie, die nächste im Mai.