Interesse und Einschüchterung

FRIESENHOF Ausschuss zu geschlossenem Jugendheim will doch mehr ehemalige Bewohnerinnen befragen. Einige Aussagewillige sollen plötzlich eine bedrohliche Botschaft erhalten haben

Nun also doch: Jede junge Frau, die einmal in einem Heim des umstrittenen Jugendhilfe-Trägers „Friesenhof“ untergebracht war, bekommt die Möglichkeit, vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Kieler Landtags ihre Erfahrungen zu schildern. Das erklärte gestern die Ausschussvorsitzende Barbara Ostmeier: „Ich möchte alle Mädchen und jungen Frauen ermutigen, diesen Schritt zu wagen“, sagte die CDU-Politikerin. Falls der Wunsch besteht, in nicht-öffentlicher Sitzung zu sprechen, solle auch damit „respektvoll umgegangen“ und eine Lösung gesucht werden.

Ostmeier und das Gremium reagieren damit auf einen taz-Bericht vom vorigen Freitag, wonach sich unter den ehemaligen Bewohnerinnen Enttäuschung breit macht, dass ihre Perspektive zu wenig berücksichtigt wird. In zahlreichen Sitzungen hat der Ausschuss ehemalige Pädagogische Leiter, Betreuer und andere Funktionsträger der mittlerweile geschlossenen Einrichtung gehört. Doch für die Mädchen ist bisher nur eine Sitzung am kommenden Montag vorgesehen. Geladen sind dann zwei Zeuginnen, die sich auch gegenüber dem NDR schon geäußert hatten. Aus dem Landtag ist zu vernehmen, es sei schwierig, überhaupt an Adressen von Betroffenen zu gelangen, um diese einzuladen: Die Jugendämter pochten auf den Datenschutz.

Es gibt aber noch ganz andere Hindernisse, das zeigen die Vorgänge in der Facebook Gruppe „Demo Aktion Friesenhof“, in der unter anderem mehrere Dutzend ehemaliger Insassinnen vernetzt sind. Sie stehe mit mehreren Mädchen in Kontakt, die gern eine Aussage machen würden, aber teilweise Angst vor ehemaligen Betreuern hätten, berichtet Sabine Darouiche aus Weddingstedt. Sie postete den erwähnten taz-Bericht in der Facebook-Gruppe. In der Folge hätten sich mehrere Mädchen bei ihr gemeldet.

Am Samstag aber sollen einige dieser Interessierten eine verstörende Botschaft erhalten haben; auch sie selbst, sagt Sabine Darouiche. Verschickt wurde eine Text-Bild-Collage, die auch der taz vorliegt: ein Mann, im Gesicht tätowiert mit einen fratzenartigen Totenschädel – und einer Schusswaffe lässig über der Schulter. „Du sprichst über mich, als würdest du mich kennen, somit machst du dein Problem zu meinem, und das wird zwangsläufig zu einem größeren Problem für DICH!“, steht daneben; kleiner auch: „Was nicht passt, wird passend geklatscht.“

„Wenn dieses Bild gezielt an eine Person geschickt wird, ist das als Drohung aufzufassen“, sagt der Kieler Anwalt Philipp Marquort. Werde es gleich an eine ganze Gruppe geschickt, die sich als Opfer einer Straftat sehe, sei dies als Schweigedrohung zu werten. KAJ