GeschrumpfteAnklage

PRÜGEL-POLIZIST

Er war so dumm, auch noch bei Whatsapp damit zu prahlen: „Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen“, schrieb der Beamte der Bundespolizei Hannover. Und: „War witzig.“

Ein Foto auf seinem Handy zeigt ein weiteres Opfer: Ein Mann aus Marokko liegt gefesselt auf dem Boden der Wache im Hauptbahnhof der Landeshauptstadt. Das Gesicht des Gezeigten ist schmerzverzerrt – nach anfänglichem Treten soll der belastete Polizist versucht haben, ihm den Schlagstock in den After zu stecken. „Dann hat der Bastard erst mal den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. Vom Boden.“ – auch das äußerte der inzwischen vom Dienst suspendierte 40-Jährige.

Im Mai vergangenen Jahres, als der Norddeutsche Rundfunk den Skandal aufdeckte, mochte niemand an den Sadismus eines Einzelnen glauben. Ermittelt wurde zunächst gegen insgesamt sechs Bundespolizisten. Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil verlangte eine „harte Reaktion“, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten.

Aus Sicht der zuständigen Staatsanwaltschaft Hannover wird es dazu wohl nicht kommen: Die erhob am Dienstag Anklage gegen den 40-Jährigen – allerdings nicht wegen Körperverletzung im Amt, sondern wegen Besitzes illegaler Waffen sowie von Kinderpornografie: Bei einer Durchsuchung seines Hauses waren eine Pumpgun und Tausende Dateien sichergestellt worden. „Die Angaben des Zeugen aus Marokko und der Beschuldigten zum möglichen Tatverlauf waren widersprüchlich“, sagte Staatsanwältin Anna Tafels­ki der taz.

„Auf das Verfahren soll schnell der Deckel drauf“: So schätzt es Matthias Waldraff ein, der Anwalt des marokkanischen Migranten. Seit einem Dreivierteljahr wartet er auf Akteneinsicht. „Der Täter wird aus dem Dienst entfernt“, klagt Bernd Mesevic von Pro Asyl, „aber das Problem der strukturellen Gewalt bleibt.“ Anwalt Waldraff hat Beschwerde bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle eingelegt. wyp