Krumme Immobilien-Deals: Altenheime zum Schnäppchenpreis

Der Altenheimkonzern Augustinum will 14 Häuser von einer kleinen Firma in Heide zurückbekommen. Sie sollen miteinander dubiose Millionengeschäfte gemacht haben.

Der Vollmond scheint über dem Hamurger Hafen, links im Bild ist ein Altenheim des Augustinum-Konzerns zu sehen.

War nicht Gegenstand des Deals: Das First-Class-Augustinum am Hamburger Elbufer (links) Foto: dpa

HAMBURG taz | Ein Wirtschaftskrimi spielt derzeit vor dem Münchner Oberlandesgericht: Der Altenheimkonzern Augustinum versucht von der kleinen Schleswig-Holsteiner Immobilienfirma Nordic Kontor die an sie verscherbelten 14 Seniorenheime zurückzubekommen. Diese Heime sind von den Staatsanwaltschaften vorerst beschlagnahmt worden. Hintergrund sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen die beiden Nordic Kontor-Inhaber. Den beiden Männern aus Heide wird Betrug und Korruption vorgeworfen. „Unsere Ermittlungen werden wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Thomas Steinkraus-Koch.

Solange die strafrechtlichen Ermittlungen laufen, sind die meisten Zivilverfahren erst einmal ausgesetzt worden, mit denen die Augustinum-Verkäufe für null und nichtig erklärt werden sollen. Der Augustinum-Konzern hatte zwischen 2010 und 2013 14 seiner bundesweit 23 Altenheime, in denen fast 7.400 SeniorInnen leben, an die Nordic Kontor GmbH verkauft und gleichzeitig die Häuser wieder zurückgemietet. Eine Sale-and-Lease-Back-Strategie, wie sie etwa Kaufhauskonzerne und Kommunen gerne nutzen, um schnelles Geld in die Kassen zu spülen.

Für dieses Geschäftsmodell hatten sich der damalige und inzwischen verstorbene Augustimum-Aufsichtsratsvorsitzende Arthur Maccari und der damalige Vorstandsvorsitzende und kaufmännische Geschäftsführer Kurt Wilkin stark gemacht, die mit den Nordic Kontor-Inhabern gemeinsame Sache gemacht haben sollen. „Sie haben ihr Gesamtpaket mit krimineller Energie und Planmäßigkeit eingefädelt und mit irrwitzigen Aufwand, Verschleierung und Tarnung umgesetzt“, sagt ein mit den Vorgängen vertrauter Augustinum-Insider.

Denn dieses Sale-and-Lease-Back-Modell hatte einen bedeutenden Haken: Augustinum als Verkäufer gewährte Nordic Kontor für diesen Kauf ein Darlehen von 728 Millionen Euro. Getilgt werden sollte der Kredit aus den monatlichen Mieteinnahmen der weit unter Wert erworbenen Immobilien.

Ein Augustinum-Insider

„Sie haben ihr Gesamtpaket mit krimineller Energie und Planmäßigkeit eingefädelt und mit irrwitzigen Aufwand, Verschleierung und Tarnung umgesetzt“

Eindruck machen konnte Nordic Kontor bei den Augustinum-Verantwortlichen auch durch ein Leumundszeugnis der als seriös geltenden Hamburger Sparkasse (Haspa). Sie bescheinigte der Firma im August 2011 große Immobilienprojekte in einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro im In- und Ausland „stets professionell“ realisiert zu haben. Laut Süddeutscher Zeitung handelt es sich bei dem zweiseitigen Schreiben um ein von einem Nordic Kontor-Inhaber vorformuliertes Gefälligkeitsschreiben. Dies sei von der Haspa nicht genau überprüft worden, wie ein Sparkassen-Mitarbeiter später bei der Münchner Kriminalpolizei aussagte. Der Vorgang sei nichts ungewöhnliches.

Auf taz-Anfrage will sich die Haspa heute nicht äußern. „Dazu können wir nichts sagen, da wir das Schreiben nicht kennen“, sagt deren Sprecher Andre Grunert. Das habe ein ehemaliger Mitarbeiter verfasst. Es handelt sich nicht um einen einmaligen Vorgang. Laut Süddeutscher Zeitung bescheinigte die Haspa im Februar 2012 gegenüber dem Augustinum-Aufsichtsratschef Maccari der Nordic Kontor eine „einwandfreie Bonität“. Die kleine Firma habe bei dem Geldinstitut „nennenswerte Guthaben“.

Dass die Firma über Vermögen verfügt, verwundert nicht, hatte Augustinum die geliehenen Millionenbeträge für den Kauf der Altenheime doch auch auf Haspa-Konten der Nordic Kontor überwiesen. Augustinum-Aufsichtsratschef Maccari und Geschäftsführer Wilkin wird ferner Vorgeworfen, bei dem Immobiliengeschäft über eine Schweizer Treuhandgesellschaft 35 Millionen Euro Schmiergeld kassiert zu haben. Wilkin bestreitet das. Der Höhepunkt steht für die Beteiligten offenbar noch aus: Der würde nach Ablauf der Mietverträge folgen – durch den lukrativen Weiterverkauf der seinerzeit unter Wert erworbenen Immobilien. Doch das Geschäft flog im Frühjahr 2014 nach einem anonymen Schreiben an die Augustinum-Spitze auf. Diese erstattete Anzeige und Wilkin verbrachte ein halbes Jahr in Untersuchungshaft.

Am Montag sagte Augustinum-Sprecher Matthias Steiner der taz: „Drei Wohnheime haben wir heute zurückbekommen.“ Man sei zuversichtlich alle Immobilien wiederzuerlangen, auch die in Braunschweig und Aumühle bei Hamburg.

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