Zahlreiche Verletzte in Idomeni

GRIECHENLAND Mazedonische Polizei setzt Tränengas gegen Flüchtlinge ein

Die Wartenden in Idomeni klammern sich an jede Hoffnung

VON Theodora Mavropoulos

ATHEN taz | Seit Samstagabend kursiert ein Flugblatt in arabischer Schrift in dem provisorischen Flüchtlingslager des griechischen Grenzort Idomeni vor Mazedonien. Die Information, die dort verbreitet wurde, lautete: Am nächsten Tag werde die Grenze geöffnet. Man solle sich auf keinen Fall in eines der umliegenden organisierten Flüchtlingscamps begeben.

Wer genau das Flugblatt verteilt hat, ist unklar – wieder werden linke AktivistInnen verdächtigt.

Gegen 10 Uhr Ortszeit versuchten am Sonntag etwa 500 Menschen von unterschiedlichen Standorten den Grenzzaun zwischen Griechenland und Mazedonien einzureißen. Die mazedonischen Sicherheitskräfte reagierten mit zahlreichen Tränengas- und Rauchbomben. Auch schossen sie mit harten Gummigeschossen auf die Menschen und setzten Schlagstöcke ein.

„Wir haben hier zahlreiche Verletzte – darunter auch viele Kinder“, berichtet Jonas Hagensen, der Sprecher der Organisation Ärzte ohne Grenzen in Idomeni. Die Organisation sei mit zwei ihrer Kliniken vor Ort im Lager. Man versorge hauptsächlich PatientInnen mit Atem- und Augenproblemen aufgrund des Tränengases. „Aber auch Menschen mit Schlagwunden durch Knüppel und Gummigeschosse am ganzen Körper kommen zu uns“, erläuterte Hagensen weiter. Immer wieder würden die aufgebrachten Flüchtlinge in Richtung Grenzzaun rennen.

Die mazedonischen Sicherheitskräfte setzen weiter Tränengasbomben ein. Das griechische Staatsfernsehen berichtet von starkem Wind, der das Tränengas weiter in das Camp treibt. So werden auch die zahlreichen Familien getroffen, die in ihren Zelten geblieben sind. Mehr als 11.000 Menschen harren schon seit Langem in Idomeni unter menschenunwürdigen Bedingungen aus. Die Grenzen nach Nordeuropa sind seit Wochen dicht. Die Wartenden klammern sich an jede Hoffnung.

Bereits Mitte März hatte ein Flugblatt eines anonymen „Kommando Norbert Blüm“ Flüchtlinge und Migranten mobilisiert. Etwa 2.000 Menschen folgten damals der Aufforderung, einen reißenden Fluss zu überqueren, um auf mazedonisches Territorium zu gelangen. Alle, die es nach Mazedonien schafften, wurden von Sicherheitskräften nach Idomeni zurückgebracht.

Giorgos Kyritsis, Sprecher der Koordinationszentrale für Einwanderungspolitik der griechischen Regierung, kritisierte den willkürlichen Beschuss der Flüchtlinge vonseiten der mazedonischen Sicherheitskräfte stark, wie die griechischen Nachrichtenagentur APE-MPE meldete. Ein solches Vorgehen gegen geschwächte Menschen sei bedauernswert“, sagte Kyritsis.