Von Kamerabildern überführt

Extremismus Nach Brandanschlag auf Stuttgarter Moschee Mitte Dezember: Ein Verdächtiger sitzt inzwischen in Haft. Er soll der PKK nahestehen

Dokument des Anschlags: Überwachungsbild Foto: Andreas Rosar/dpa

STUTTGART taz | Wie erst jetzt bekannt wurde, sitzt ein Mann, der im Verdacht steht, Mitte Dezember an dem Brandanschlag auf eine Stuttgarter Moschee beteiligt gewesen zu sein, bereits seit Ende Februar in Haft. Dies wurde nun durch einen Bericht der Stuttgarter Nachrichten publik. Bilder aus einer Überwachungskamera am Tatort sollen die Ermittler auf seine Spur gebracht haben.

Vier in Kapuzensweatshirts gekleidete Männer hatten am 15. Dezember 2015 das Gebäude im Stuttgarter Stadtteil Feuersbach, das der türkisch-islamischen Ditib gehört, angegriffen. Einer warf einen Stein durch das Fenster, die anderen warfen brennende Gegenstände hinterher, wie die Kamerabilder deutlich zeigten. Ein Brandsatz wurde in die Bücherei des türkisch-islamischen Vereins geworfen, die komplett ausbrannte.

Die Ditib ist der größte Dachverband der türkisch-islamischen Vereine in Deutschland. Im Südwesten hat er eigenen Angaben zufolge rund 30.000 eingeschriebene Mitglieder, erreiche aber rund 120.000 Muslime im Ländle. Er ist organisatorisch der staatlichen Religionsbehörde der Türkei in Ankara unterstellt.

Kurz nach der Tat tauchte auf der Webseite rojacivan.com ein Brief auf, in dem sich ein „Baran-Dersim-Rachekommando“ zum Anschlag bekannte. Die Gruppe kündigt weitere Anschläge gegen türkische Einrichtungen an, solange der seit 16 Jahren in der Türkei inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan nicht freigelassen werde. Die Polizei hält die Webseite für authentisch.

Die Stimmung war Mitte Dezember nicht nur in Stuttgart aufgeheizt, weil die türkische Armee im Südosten der Türkei mit großer Härte gegen die PKK vorging. Über weite Gebiete wurde eine Ausgangssperre verhängt, darunter über das Viertel Sur in der Stadt Diyarbakır. Tausende Bewohner waren von den Kämpfen betroffen, mehrere Zivilisten fielen ihnen zum Opfer. Allein in Stuttgart kam es deshalb zu mehreren Demonstrationen, bei denen nationalistische Türken und Kurden aufeinandertrafen.

Um die Mittäter zu ermitteln, behielten die Behörden die Festnahme für sich

Über den Tatverdächtigen heißt es nun, dass er 20 Jahre alt sein und wegen Drogenbesitzes, Diebstahls und Körperverletzung aktenkundig sein soll, außerdem habe er an kurdischen Veranstaltungen teilgenommen. Durch den Abgleich der Bilder aus den Überwachungskameras mit der polizeiinternen Datenbank soll die Polizei auf seine Spur gekommen sein. Der Verdächtige soll der verbotenen Untergrundorganisation PKK nahestehen, über seine mutmaßlichen Mittäter schweigt er. Aus „ermittlungstaktischen Gründen“ behielten die Behörden seine Festnahme mehrere Wochen lang für sich.

Bereits im September hatte das Landeskriminalamt in einem Lagebericht auf die wachsenden Spannungen hingewiesen und festgestellt, es sei „in Teilen der PKK-Anhängerschaft die Bereitschaft“ erkennbar, „militante direkte Aktionen“ in Deutschland zu planen. Kurdische Vereine in Stuttgart hatten den Anschlag in Stuttgart dagegen entschieden verurteilt. Entsetzt reagierte auch Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann: „So was sind abscheuliche Taten“, sagte er. Er versprach, es werde alles getan, um die Täter zu ermitteln. Daniel Bax