Porträt
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Spielt trotz Angriff weiter: Emad Babiker Foto: Jörn Struwe/SV Deinste

Der echte Schwarze

Wir sind wie eine Familie“, sagt Emad Babiker über den SV Deinste. Vor anderthalb Jahren floh er aus dem Sudan über Italien nach Deutschland. Im niedersächsischen Dorf Deinste im Landkreis Stade begrüßte Bürgermeister Jörg Müller damals die Neuankömmlinge und machte den Hobby-Fußballer mit Sönke Kreibich, dem Trainer des Amateurvereins SV Deinste bekannt.

Seitdem gehört der 24-Jährige zur 1. Herrenmannschaft und schoss als einer der besten Stürmer acht Tore. Dementsprechend gut lief es beim Kampf um den Kreispokal Stade. Sie gewannen jedes Spiel, so auch am vergangenen Ostersamstag. Der Sieg mit acht zu sieben Toren gegen den MTV Himmelpforten sollte gebührend gefeiert werden. „Das Bier und die Kaltgetränke könnten knapp werden auf dem Osterfeuer“, verkündete der Verein per Facebook. Das gefiel 43 Leuten. Dass vier Tage später ein Post über 18.000 Likes aus aller Welt bekommen würde, ahnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand.

Abends beim Osterfeuer freuten sich Spieler und UnterstützerInnen über den Sieg samt Einzug ins Kreispokalfinale. „Ich war im Festzelt mit einem Freund“, erzählt Babiker. Dort seien plötzlich drei oder vier Leute auf ihn zugekommen, hätten ihn geschlagen und angepöbelt. Warum er angegriffen wurde, weiß Babiker nicht: „Ich habe diese Leute noch nie gesehen.“ Er habe nichts getan, beteuert der Sudanese, der mit 25 Flüchtlingen in einem Hotel wohnt. All das habe ihn wütend, aber auch „sehr traurig“ gemacht. Schließlich habe er beim Sport so etwas noch nie erlebt.

Babiker hatte Angst wieder zu spielen: „Ich wollte aufhören, aber mein Trainer hat gesagt, dass ich weitermachen muss.“ Ermutigt hat ihn auch die Solidaritätsbekundung der Mannschaft. „In Gemeinschaftsproduktion“, sagt Kreibich, sei die Idee entstanden.

Ein Mitspieler bearbeitete ein Mannschaftsfoto so nach, dass alle Spieler dunkle Haut haben. KritikerInnen nennen es Blackfacing. Babiker motiviert es. „Das war toll!“, findet der gelernte Maurer.

Im Sudan arbeitete er auf dem Bau und im Restaurant seiner Eltern. Er floh wegen des Bürgerkrieges. Seitdem bleibt ihm nichts anderes übrig, als nach vorne zu schauen. Im Rahmen des Berufsvorbereitungsjahres der Berufsschule beginnt er heute ein Praktikum bei einem Baubetrieb in Buxtehude. Mit dem Fußball wolle er auch weitermachen, kündigt er an.

Die Verbundenheit unter den Spielern gehe über den Sport hinaus, sagt der Stürmer. Vergangene Weihnachten lud ihn ein Spieler zum Familienessen ein. In diesem Sinne war auch der Hashtag zum Foto: #unitedwestand. Leonie Habisch