Mehr als nur die Salatbar

ERNÄHRUNG Kantinen und Großküchen reagieren auf die steigende Nachfrage nach vegetarischem Essen

■ Vegetarisches Essen enthält keine Produkte von getöteten Tieren. Vegetarier nehmen aber Produkte zu sich, die von lebenden Tieren stammen, wie Milch und Eier. Diese Art der Ernährung heißt daher ovo-lakto-vegetarisch.

■ Vegane Ernährung ist demgegenüber rein pflanzlich: Sie beinhaltet keine tierischen Produkte und keine Lebensmittel, für deren Herstellung tierische Produkte benötigt werden.  LIKS

Die fleischlose Küche wird immer beliebter: Sie ist umweltschonend, gesund und preisgünstig. Trotzdem musste, wer außer Haus gegessen hat, bislang oft mit Salat und Beilagen vorlieb nehmen. Das ändert sich langsam.

„Das Thema ist auch in der Branche der Gemeinschaftsverpflegung angekommen“, sagt Burkart Schmidt, Chefredakteur der GV-Praxis, einer der führenden Fachzeitschriften für Gemeinschaftsverpflegung. In vielen Kantinen deutscher Großbetriebe gebe es ganzjährig vegetarische Angebote, eine Salatbar sei in fast jedem Betrieb vorhanden. Eine Verpflichtung, täglich eine fleischlose Alternative anzubieten, gebe es dagegen nicht.

Mehr als 42 Millionen Menschen in Deutschland sind „Flexitarier“: Gelegenheitsvegetarier, die bewusst an drei oder mehr Tagen in der Woche kein Fleisch essen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forsa-Umfrage aus dem vergangenen Jahr. Rund sieben Millionen Deutsche leben vegetarisch, etwa ein Zehntel davon rein vegan, schätzt der Vegetarierbund Deutschland (Vebu). Die Mehrheit der Vollzeit- und Teilzeitvegetarier ist weiblich, außerdem sind es vor allem junge und in der Stadt lebende Menschen, die sich zunehmend vegetarisch ernähren.

Der Wunsch nach vegetarischen Gerichten hänge dadurch auch stark von der Mitarbeiter-Klientel des Unternehmens ab, sagt Schmidt. Andreas Schneider, Projektleiter beim Vebu, bestätigt Schmidts Einschätzung: „Je jünger, je weiblicher, desto größer die Nachfrage nach vegetarischem Essen im Betrieb.“ So verfüge etwa die Kantine des Unternehmens Google in Hamburg über eine gute Auswahl an vegetarischem und veganem Essen.

Das Bewusstsein für fleischlose Ernährung wachse jedoch nicht nur bei den Mitarbeitern, sondern auch in den Unternehmensführungen, sagt Schmidt. Das Thema Gesundheitsmanagement werde immer wichtiger, dazu gehöre auch die Verpflegung in den Kantinen: „Essen und Trinken am Arbeitsplatz erlangt dadurch eine ganz neue Bedeutung.“

Das Vebu-Projekt „Donnerstag ist Veggie-Tag“ will diese Entwicklung aufgreifen: Es fordert Unternehmen auf, einen fleischfreien Tag in der Woche in den Kantinen einzuführen. Die Resonanz: ebenfalls sehr unterschiedlich. „Viele Unternehmen entscheiden sich für die Wahlfreiheit und bieten beides an“, sagt Schneider.

Manche Kantinen hätten einen Nachfragerückgang an den Tagen zu verzeichnen gehabt, an denen sie ausschließlich vegetarisches Essen ausgaben. „Fleisch ganz zu streichen, heißt schon, ein gewisses Diktat auszuüben“, findet GV-Praxis-Redakteur Schmidt. „Aufklärung und Transparenz ist sehr wichtig“, sagt auch Schneider, „damit sich die Mitarbeiter nicht bevormundet fühlen.“

Während viele betrieblichen Kantinen diesbezüglich noch in der Findungsphase zu stecken scheinen, ist das vegetarische und teilweise vegane Essensangebot schon seit langem fester Bestandteil in universitären Mensen. Vorreiter hier: die „Veggie Mensa No. 1“ der Freien Universität Berlin. Sie bietet seit 2010 rein vegetarische Speisen an, etwa 20 Prozent davon sind auch vegan.  LINDA SCHNEIDER