Redknee will raus aus der Hauptstadt

WIRTSCHAFT Gereizte Stimmung bei Redknee in Spandau: Der kanadische Software-Anbieter will sein Werk in Berlin schließen und trotz Standortsicherungsvereinbarung nach Brandenburg ausweichen

„Redknee gehört nach Spandau, und dafür kämpfen wir“, rief die Zweite Bevollmächtigte der Berliner IG Metall, Regina Katerndahl, den etwa 200 Menschen zu, die sich vor einigen Tagen mit Gewerkschaftsfahnen in Spandau versammelt hatten. Viele trugen eine Mütze mit dem IG-Metall-Emblem. Von den Trillerpfeifen wurde reichlich Gebrauch gemacht. Die Anwesenden bei der Demonstration zeigten ihre Wut auf das kanadische Unternehmen Redknee: Das Management will das Unternehmen in Spandau schließen. Stattdessen soll eine neue Filiale in Potsdam eröffnet werden. Dafür werden bereits MitarbeiterInnen gesucht. Von den 260 Beschäftigten des Spandauer Werks können sich höchstens 140 ArbeiterInnen Hoffnungen auf eine Übernahme machen.

„Ich habe einem Unternehmen, das sich ausgerechnet nach einem kaputten Knie benennt, nie getraut“, ruft eine Frau auf der Kundgebung. Als Redknee-Vorstandschef Lukas Skoczkowski 2012 die Übernahme des Gemeinschaftsunternehmens Nokia Siemens Networks (NSN) in Spandau bekannt gab, hieß es noch im Tagesspiegel: „Einer Sache kann sich Lucas Skoczkowski ganz sicher sein: Seine neuen Mitarbeiter sind hochmotiviert.“ Die Softwareentwickler und Ingenieure hatten vorher für Siemens und dann für NSN gearbeitet. Doch die Hoffnung auf eine gesicherte Perspektive wurde bald enttäuscht. „Redknee schockt Mitarbeiter“, titelte die Berliner Zeitung, als das kanadische Unternehmen 2014 einen Stellenabbau ankündigte. Die IG Metall rechnete sich als Erfolg an, dass statt 101 nur 70 Arbeitsplätze verloren gingen. KollegInnen, die freiwillig gingen, erhielten eine großzügige Abfindung. Im Gegenzug willigte die Gewerkschaft in die Aufkündigung der alten Tarifverträge ein. Die Arbeitszeit und die Löhne der Beschäftigten wurden um zehn Prozent abgesenkt. Dafür sollte es bis 2017 keine weiteren Entlassungen in Spandau geben.

Dass nun das Berliner Werk entgegen der Vereinbarung doch geschlossen werden soll, begründet Redknee mit dem Verlust einiger wichtiger KundInnen. Der Erste Bevollmächtigte der Berliner IG Metall, Klaus Abel, wirft dem Unternehmen hingegen die Flucht aus der Mitbestimmung vor. Susanne Steinborn vom Projekt ITK-Betriebe der Berliner IG Metall bestätigte gegenüber der taz, dass Redknee-Anwälte klar signalisiert haben, dass das kanadische Unternehmen Probleme mit den deutschen Mitbestimmungsregelungen und dem Tarifrecht habe.

„Die Mitbestimmung ist ein Erfolgsmodell der deutschen Wirtschaft, die wir uns von dem kanadischen Unternehmen nicht wegnehmen lassen“, erklärte der Generalsekretär der Berliner CDU, Kai Wegner, der seinen Wahlkreis in Spandau hat, in einer kurzen Rede auf der Kundgebung. „Ich werde an die Redknee-Geschäftsführung mit der Forderung nach Einhaltung der Standortsicherungsvereinbarung herantreten“, bekräftigte Wegner gegenüber der taz.

Auch die Spandauer SPD-Abgeordneten Burgunde Grosse und Daniel Buchholz verurteilten die Schließungspläne. Redknee wollte sich gegenüber der taz zu den Vorwürfen nicht äußern.

Mittlerweile haben zwei Gesprächsrunden zwischen der IG Metall und dem Unternehmen stattgefunden. Dabei hat die Geschäftsführerin von Redknee Deutschland, Sabine Domes, zugesichert, die von Gewerkschaftsseite eingebrachten Vorschläge für einen Verbleib des Unternehmens in Spandau an die Konzernzentrale in Kanada weiterzuleiten. Peter Nowak