Terrorgefahr in der Türkei: Sicher ist nur die Repression

Wegen Terrorgefahr werden deutsche Einrichtungen vorübergehend geschlossen. Und Erdoğan kennt nur noch Freund und Feind.

Sare und Ahmet Davutoğlu legen Neklen nieder

Sare und Ahmet Davutoğlu am Anschlagsort am Donnerstag. Foto: dpa

ISTANBUL taz | Ausgerechnet am Tag des Türkei-EU Gipfels müssen die deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei geschlossen werden. Wegen einer sehr konkreten Terrorwarnung, so Außenminister Frank-Walter Steinmeier, wurden die deutsche Botschaft in Ankara, das Generalkonsulat in Istanbul und die Deutschen Schulen in Ankara und Istanbul geschlossen.

Die Terrorwarnungen seien am Mittwochabend bei den deutschen Sicherheitsbehörden eingegangen. „Zum Schutz deutscher Bürger werden die deutschen Vertretungen vorübergehend geschlossen. Das deutsche Generalkonsulat warnt darüber hinaus, die Gegend um das Konsulat in Istanbul zu betreten. Dass Konsulat liegt nur wenige hundert Meter vom zentralen Taksimplatz entfernt. Es ist das erste Mal seit Jahrzehnten, dass die deutschen Vertretungen in der Türkei aus Sicherheitsgründen schließen müssen.

Noch ein zweiter Vorfall wirft am Tag des EU-Türkei-Gipfels einen Schatten auf die deutsch-türkischen Beziehungen. Der Korrespondent von Spiegel Online, Hasnain Kazim, musste das Land verlassen. Die Regierung hatte dem Journalisten die Akkreditierung verweigert, womit auch sein Aufenthaltsrecht entfiel und er ausreisen musste.

Zunächst schien es so, als sei Kazims Fall ein Fall unter anderen. Fast alle Korrespondenten ausländischer Medien in der Türkei hatten in diesem Jahr Schwierigkeiten, ihre Akkreditierung zu verlängern. Ein großer Teil internationaler Korrespondenten wurden über zwei Monate hingehalten. Auch Nachfragen des deutschen Botschafters halfen zunächst nicht. Erst ein Gespräch mit Ministerpräsident Ahmet Davutoğluwährend seines Besuchs in Berlin im Februar führte dann dazu, dass der größte Teil der deutschen Korrespondenten ihre Akkreditierung erhielten.

Kurdische Organisation bekennt sich

Nach tagelangem Zögern hat sich am Donnerstag die kurdische Terrororganisation TAK (Die Freiheitsfalken) zu dem verheerenden Anschlag in Ankara vom Sonntag bekannt. Dabei waren 37 überwiegend junge Menschen getötet und knapp 100 Personen schwer verletzt worden. Die TAK ist eine Unterorganisation der PKK, obwohl sie selbst einen organisatorischen Zusammenhang bestreitet. Es war das erste Mal, dass eine militante kurdische Organisation einen Terroranschlag auf unbeteiligte Zivilisten verübte.

Bislang zeichneten sich Anschläge der PKK dadurch aus, dass sie gezielt gegen Militär- oder Polizeieinrichtungen durchgeführt wurden. In ihrem Bekennerschreiben behauptet die TAK nun, auch dieser Anschlag hätte sich eigentlich gegen Sicherheitskräfte gerichtet. Durch eine Intervention der Polizei sei es dann aber zu der Explosion auf demKızılay-Platz in Ankara gekommen. Man trauere um die Opfer.

Staatspräsident ErdoĞan

„Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat haben für uns keinen Wert mehr“

Diese Stellungnahme wird wohl nichts daran ändern, dass die Wut gegen die PKK in der türkischen Bevölkerung stark zugenommen hat. Und diese Wut wird von Staatspräsident Erdoğannoch systematisch geschürt. Nachdem er zuerst erklärte, jeder der durch seine Haltung die „PKK-Terroristen“ unterstütze, sei ab sofort selbst als Terrorist anzusehen, legte Erdoğan bei einer Veranstaltung mit Bürgermeistern noch einmal nach. „Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat haben für uns keinen Wert mehr“, sagte er. „Wer im Kampf gegen den Terror an unserer Seite ist, ist unser Freund, wer nicht, ist unser Feind. Alles andere zählt jetzt nicht mehr.“

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