Vor dem EU-Gipfel

Flüchtlinge sitzen an der griechischen Grenze fest. Neue darf es nach dem Willen der EU nicht mehr geben. Die Türkei soll’s richten

Ziel: dichte Außengrenze

Erwartung EU will Vertrag mit Ankara und Balkanroute schließen

BERLIN taz | Worum es der Bundesregierung am Montag geht, ist klar. Man müsse die Außengrenze der EU schützen, „um die Reisefreiheit im Inneren Europas erhalten zu können und schrittweise wieder von den Grenzkontrollen wegzukommen“, sagte Angela Merkel im Vorfeld des Gipfels. Noch konkreter drückte es eine Regierungssprecherin aus: „Ziel dieses Treffens ist die vollständige und rasche Umsetzung des Aktionsplans EU-Türkei, um die Migrationsströme einzudämmen.“

Um Europa zu entlasten, soll Ankara die Flüchtlinge in der Türkei halten: Schon vor Monaten hatte sich die EU mit der türkischen Regierung darauf geeinigt. In Brüssel wird die Bundeskanzlerin auf die Umsetzung dieser Vereinbarung setzen – auch wenn die Bilanz des Plans bislang mittelmäßig ausfällt.

Einige wenige Vereinbarungen hat die Türkei bereits verwirklicht. So können Flüchtlinge nun eine Arbeitserlaubnis beantragen. Eine weitere Verabredung könnte demnächst realisiert werden: Kurz vor dem Gipfel zeigt die Türkei die Bereitschaft, Flüchtlinge aus Griechenland zurückzunehmen, die über die Türkei gekommen sind, aber keine Chance auf Asyl innerhalb der EU haben.

Bei der zentralen Vereinbarung geht es aber nur langsam vorwärts: Eigentlich soll die Türkei Flüchtlinge von vornherein daran hindern, über die Ägäis nach Griechenland zu reisen. Um die türkische Küstenwache dabei zu unterstützen, trieb die Bundesregierung eigens eine Nato-Mission voran. Die Schiffe kreuzen seit Tagen untätig im Mittelmeer – unter anderem, weil Ankara ihnen den Einsatz in türkischen Gewässern verwehrt. Erst am Sonntag hieß es, man habe sich auf ein Operationsgebiet verständigt.

Noch vor dem Beginn des eigentlichen Gipfels wird Merkel in Brüssel mit dem türkischen Regierungschef Ahmet Davutoğlu über die stockende Umsetzung der gemeinsamen Agenda sprechen. Welche Gegenleistung sie bieten kann, ist offen. Eine Vorleistung in Form von nennenswerten Flüchtlingskontingenten, die EU-Staaten der Türkei freiwillig abnehmen, ist nicht in Sicht.

Und Griechenland? Die Balkanroute ist so gut wie dicht. Dabei soll es offenbar auch bleiben. „Der irreguläre Strom von Migranten entlang der Westbalkanroute geht zu Ende. Diese Route ist ab nun geschlossen“: So zitierte am Sonntag der österreichische Standard aus einer Erklärung, die zwischen den Regierungen in der EU abgestimmt wurde. Die Frage, ob die EU Griechenland einige der dort gestrandeten Flüchtlinge abnimmt, hat offenbar keine Priorität mehr. Stattdessen forderte Merkel die griechische Regierung auf, „in Windeseile“ für eine „menschenunwürdige Unterkunft“ zu sorgen. An die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland denke sie nicht, sagte Merkel. Es gebe kein Recht auf Asyl in einem bestimmten Land. Tobias Schulze