US-Behörde wittert Steuerbetrug bei VW

DIESELGATE Justizministerium hat neuen Verdacht. In Europa machen 80.000 bei Sammelklage mit

BERLIN rtr/afp/taz | Und es kommt immer noch dicker für Volkswagen. US-Behörden ermitteln nun nicht mehr nur wegen manipulierter Abgaswerte gegen Europas größten Autobauer. VW sind jetzt laut Nachrichtenagentur AFP vom US-Justizministerium auch Fragen im Zusammenhang mit möglichen Verstößen gegen Steuergesetze übermittelt worden. Zudem gehe man dem Verdacht des Bankbetrugs nach, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. Auch in Europa steigt der juristische Druck auf den Autobauer. Volkswagen äußerte sich am Mittwoch dazu nicht.

Hintergrund der Untersuchungen in den USA ist, dass Käufer der von VW als besonders umweltverträglich beworbenen Dieselfahrzeuge einen Steuervorteil über 1.300 Dollar erhielten. Offenbar prüft die Behörde, ob die Summe zurückgefordert wird. Auch der Verdacht auf „Bankbetrug“ klingt nicht gut für VW. Das 1989 für Ermittlungen gegen große Geldhäuser konzipierte US-Gesetz gegen Bankbetrug erlaubt es, einem Verdacht auch zehn Jahre zurückzuverfolgen. Es wurde unter anderem bei Autokredit-Anbietern angewandt. Laut Wall Street Journal ermittelt das US-Justizministerium, ob Kreditgeber bei der Finanzierung von Fahrzeugen mit manipulierten ­Abgaswerten geschädigt ­wurden. Der Grund: Der Wert der in den USA rund 600.000 betroffenen Fahrzeuge ist gesunken.

VW ist in den USA wegen Verstößen gegen Umweltgesetze bereits mit Strafandrohungen in Höhe von bis zu 46 Milliarden Dollar konfrontiert. Die Summe dürfte nach Einschätzung von Juristen allerdings niedriger ausfallen, wie frühere Fälle vermuten lassen. Experten schätzen, dass der Skandal VW am Ende gut 30 Milliarden Euro kosten könnte.

In den USA sind bereits mehr als 500 Sammelklagen eingegangen. Auch immer mehr Autobesitzer in Europa schließen sich einem geplanten Sammelverfahren gegen den Konzern an. Die Zahl sei seit Januar von rund 60.000 auf etwa 80.000 gestiegen, sagte Rechtsanwalt Julius Reiter, dessen Kanzlei die Klage gegen VW in Deutschland organisiert, die über eine niederländische Stiftung geführt wird. Die meisten Kläger seien österreichische VW-Besitzer. Reiter betonte: „Wir streben eine außergerichtliche Einigung an.“

Nach der Allianz zieht nun auch die Dekabank gegen Volkswagen vor Gericht. Finanzkreisen zufolge beteiligt sich das Wertpapierhaus der Sparkassen an derselben Sammelklage wie die Allianz-Tochter Allianz Global Investors (AGI). Die Deka ist nach Reuters-Daten elftgrößter VW-Aktionär und hält einen Anteil von 0,6 Prozent. Damit bringen sich immer mehr Profi-Investoren in Deutschland gegen den Autobauer in Stellung. Sie werfen VW vor, über die Abgasmanipulation zu spät informiert zu haben. ksc