Parlament in Südkorea: 192 Stunden geredet, nichts erreicht

Südkoreas Opposition scheitert mit ihrem Versuch, per Dauerrede die Verabschiedung eines umstrittenen Terrorgesetzes zu blockieren.

leerer Saal mit runden Sitzreihen, nur die Rednerplätze sind besetzt

Dauerrede der Oppositon im leerem Plenarsaal. Foto: dpa

BERLIN taz | Noch bis zum 10. März hätten die Abgeordneten der südkoreanischen Oppositionspartei Minjoo und ihre Verbündeten weiterreden müssen, um eine Abstimmung im Parlament über das umstrittene Antiterrorgesetz noch in dieser Legislaturperiode zu verhindern. Doch nach mehr als 192 Stunden Reden von 38 Abgeordneten beendete die Opposition am Mittwoch ihren am Abend des 23. Februar begonnenen Versuch.

Noch am Mittwoch verabschiedete die konservative Saenuri-Partei mit ihrer Mehrheit das Gesetz, berichtete die Agentur Yonhap. Die Oppositon blieb der Abstimmung fern, nur ein Abgeordneter der Regierungspartei stimmt gegen das Gesetz.

Ausschlaggebend für die Beendigung der „Ermüdungsreden“, die Gesangseinlagen sowie das Verlesen akademischer Papiere und von George Orwells Klassiker „1984“ beinhalteten, war die Sorge, die Bevölkerung könnte das sogenannte Filibuster nicht goutieren. Südkoreas Parlament kennt keine Redezeitbegrenzung. Doch mit ihren Dauerreden blockierten die Oppositionsabgeordneten auch andere Gesetzesvorhaben. Im April wird ein neues Parlament gewählt.

Der Opposition gehen die Vollmachten, die das Gesetz dem Geheimdienst NIS künftig beim Datensammeln einräumt, viel zu weit. Sie weiß aus eigener Erfahrung während der Zeit der südkoreanischen Diktatur, dass die Opposition selbst schnell zur Zielscheibe des Geheimdienstes werden kann.

Als Reaktion auf den jüngsten nordkoreanischen Atomtest hat der UN-Sicherheitsrat seine Sanktionen gegen das kommunistische Land deutlich verschärft. Die Entscheidung fiel am Mittwoch einstimmig. Die neuen Strafmaßnahmen sehen unter anderem verpflichtende Kontrollen sämtlicher Frachtlieferungen von und nach Nordkorea vor. Der abgeschottete Staat hatte im Januar erneut einen Atomtest ausgeführt und damit heftige internationale Kritik ausgelöst. (rtr)

Die Regierung verweist auf den feindlichen Nachbarn Nordkorea, dem sie auch Terrorismus vorwirft. Seit rund 15 Jahren will Südkoreas konservatives Lage ein entsprechendes Gesetz haben. Nachdem Nordkorea im Januar erneut einen Atomtest und im Februar einen Raketentest durchführte, sahen die Konservativen endlich ihre große Chance gekommen.

Mit den ermüdenden Dauerreden erzielte Südkorea immerhin einen Weltrekord – ein kleiner Trost für das rekordverliebte Land und seine erfolglose Opposition. Am längsten sprach übrigens der Abgeordnete Lee Jong Kul noch am Mittwoch: 12 Stunden, 35 Minuten. „Das Gesetz lässt den NIS allein entscheiden, wer Terrorist ist“, kritisierte der Abgeordnete Jung Cheon Rae. Er hatte mit elf Stunden und 31 Minuten am zweitlängsten gesprochen.

Vor dem Parlament hatten parallel auch zivilgesellschaftliche Gruppen Dauerreden gehalten. Sie äußerten sich enttäuscht über das Aufgeben der Abgeordneten.

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