heute in Bremen
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„Dorffeste statt freier Kultur“

Vortrag Das deutsch-ungarische Kulturforum informiert über Widerstände 1985 und 2015

Robert Hodonyi

Foto: Privat

38, ist Mitbegründer des Kafé Zentrál undMitarbeiter derEuropa-AbgeordnetenHelga Trüpel.

taz: Herr Hodonyi, Sie haben im November das Kafé Zentrál als Deutsch-Ungarisches Kulturforum Bremens mitgegründet. Was war ausschlaggebend?

Robert Hodonyi: Es gibt eine ganze Menge an Menschen aus Ungarn, die nach Bremen gekommen sind, eben auch wegen der Politik Orbans, oder Bremer mit ungarischem Hintergrund so wie ich, denen die aktuellen Entwicklungen nicht egal sind und die sich gefragt haben, wie man kritische Künstler unterstützen kann. Mit Kafé Zentrál verfolgen wir einen regimekritischen Ansatz, kulturellen Austausch zu fördern.

Womit hat die künstlerische Avantgarde in Ungarn zu kämpfen?

Seit dem Machtantritt Viktor Orbans 2010 gab es eine Nationalisierung der Kunst und der Kulturpolitik. Viele Posten wurden durch regierungsnahe Funktionäre ausgetauscht, die nun entscheiden, wohin die Gelder zur Kulturförderung fließen: zum Beispiel in katholische Dorffeste anstatt in die freie Kulturszene.

Warum heißt die Veranstaltung „Vom Eiscremeballett zur 3.Etage Freiheit: Subkultur in Ungarn 1985/2015“?

Wir wollen einen Bogen schlagen zwischen dem Widerstand der Kunstavantgarde damals und heute und Verbindungen nach Bremen aufzeigen, die es 1985 und jetzt gibt. Eine gab es damals durch Wolfgang Schlott und György Mészáros von der Forschungsstelle Osteuropa, die regimekritischen Punk-Bands Auftritte ermöglichten und eine Radiosendung bei Radio Bremen produzierten. Und letztes Jahr hat sich der Bremer Fotojournalist Karsten Klama unter die rebellierenden Künstler des alternativen Kulturzentrums Müszi in Budapest begeben und wird davon berichten.

Wie unterscheidet sich der Widerstand von damaligen Sozialismus-Gegnern und heutigen Orban-Kritikern?

Damals war die Entscheidung, fern von staatlicher Kulturpolitik zu leben und eine Band zu gründen, eine ganz andere Herausforderung. Sie mussten mit schlimmeren Repressionen rechnen und hatte natürlich nicht die medialen Möglichkeiten wie heute. Die Unterdrückung heute ist subtiler, es tobt eine starke ideologische Debatte und die Statements der Kulturfunktionäre zur Begründung ihres kulturellen „Ungarntums“ sind vergleichbar, sie haben ähnliche Argumentationsmuster wie damals.

Interview: Leandra Hanke

Kafé Zentrál: EuropaPunktBremen, Am Markt 20, 19.30 Uhr