Kommentar Vorwahl in New Hampshire: Das Ende der One-Woman-Show

Sanders gibt dem Vorwahlkampf eine neue Dynamik. Clinton sollte nicht länger versuchen zu beweisen, dass sie progressiver ist als er.

Clinton redet mit erhobenem Zeigefinger vor US-amerikanischen Flaggen

Der Weg bis zur Nominierung ist jetzt für beide Kandidaten lang. Foto: reuters

Jetzt hat Hillary Clinton ein Problem. Zwar hatte sie die Niederlage bei der Vorwahl in New Hampshire einkalkuliert, aber die Clintons haben immer wieder ihre Fähigkeit zu politischen Comebacks gezeigt. Es wäre eine schöne Erzählung geworden, hätte Clinton den Siegeszug von Bernie Sanders stoppen können. Doch er schlug sie überdeutlich und punktete erneut bei den jungen Wählern. Der 74-Jährige hat eine Bewegung in Gang gesetzt, die dem Vorwahlkampf der Demokraten eine völlig neue Dynamik verleiht. Es ist nicht mehr eine langweilige One-Woman-Show. Jetzt ist es ein Kampf.

Der Sieg in New Hampshire macht aus Sanders noch lange nicht den Kandidaten fürs Rennen um die Präsidentschaft. In Nevada und South Carolina, wo als nächstes gewählt wird, ist die Demographie der Wähler eine andere, Clinton ist hier im Vorteil. Sanders muss erst noch zeigen, dass er unter Latinos, Afro-Amerikanern und älteren Weißen Stimmen gewinnen kann. Der Weg bis zur Nominierung ist lang – jetzt aber für beide Kandidaten.

Clintons Versuch, mit Sanders in einen ideologischen Wettkampf darüber zu treten, wer progressiver ist, ist gescheitert. Clinton sollte nicht länger etwas hinterher rennen, was sie nicht ist, denn genau darin liegt ihr Problem. Diejenigen, die Sanders unterstützen – und das sind eben nicht nur die ganz linken, sondern die vielen unter 30-Jährigen – vertrauen Clinton nicht, halten sie für unaufrichtig und wankelmütig in ihren Positionen. Ihr jüngster Versuch, sich als die linke Kandidatin zu geben, bestätigt dieses Bild.

Authentizität ist etwas, was man nicht inszenieren kann – lediglich geschickt ins rechte Licht rücken und stärken, wie Sanders Kampagne das derzeit so blendend zeigt. Clinton muss sich in den kommenden Vorwahlen auf ihre Inhalte und Kompetenzen besinnen: Außenpolitik, Gleichstellung, Erfahrung. Aber vor allem muss sie es schaffen, die Maske der Clintonmaschinerie endlich abzustreifen.

Zu Beginn ihrer Karriere hat Clinton als Juristin für wenig Geld bei Rechtsschutzorganisationen gearbeitet. Sie erzählt diese Geschichte in diesen Tagen gern, um nahbar zu wirken und nicht abgehoben. Eine Erzählung allein reicht jedoch nicht. Clinton muss sie mit Leben füllen. Sonst könnte es eng werden für sie.

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Jahrgang 1980, studierte Journalistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig und der Ohio University. Seit 2010 bei der taz, zunächst Chefin vom Dienst, seit Juli 2014 Leiterin von taz.de. Schreibt schwerpunktmäßig Geschichten aus den USA.

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