Ausgedaddelt

Spielhöllen Neues Gesetz ab März geplant. Zahl der Spielhallen soll sich halbieren, Höhe von Bußgeldern verzehnfachen

Jeder zweite Spielhalle wird bald schließen Foto: Alex Heinl/dpa

von Juliane Wiedemeier

Wenn etwas nicht nach Spaß klingt, dann ist es das Wort „Mindestabstandsumsetzungsgesetz“. Aus der Sicht Berliner Spielhallenbetreiber hat es auch genau dieses Ziel: Spaß beenden. Denn wenn es, wie geplant, im März in Kraft tritt, wird es bis zu 250 der derzeit über 500 existierenden Spielhallen der Stadt zur Aufgabe zwingen.

„Wir wollen niemandem das Spiel verbieten. Aber illegales Glücksspiel und von Spielhallen geprägte Straßenzüge wollen wir in Berlin nicht mehr“, erklärte Daniel Buchholz, der für die SPD im Abgeordnetenhaus sitzt und sich seit Jahren gegen Spielhallen engagiert. Am Mittwoch stellte er gemeinsam mit seinem CDU-Kollegen Matthias Brauner den neuen Gesetzesentwurf vor.

Den Kampf gegen das Glücksspiel hat die Politik bereits vor fünf Jahren aufgenommen. Damals senkte das neu verabschiedete Spielhallengesetz die Zahl der pro Halle erlaubten Automaten von zwölf auf acht. Außerdem wurden die täglichen Sperrzeiten verlängert, Angestellte sollten in Suchtprävention und -bekämpfung geschult werden, und eine Abstandsregelung wurde eingeführt. Seitdem müssen Spielhallen mindestens 500 Meter voneinander sowie von Schulen und Jugendeinrichtungen entfernt sein. Bereits genehmigte Hallen erhielten zunächst Bestandsschutz. Dieser endet jedoch am 30. Juli dieses Jahres.

Bis zu diesem Datum müssen die Hallenbetreiber nun eine neue Lizenz beantragen. Schon jetzt ist klar, dass viele damit keinen Erfolg haben werden. Wo sich die Hallen ballen, wie etwa an der Sonnenallee oder der Turmstraße, wird ausgedünnt werden. Wer gehen muss, regelt das neue Gesetz.

Ob es für eine Halle weitergeht, hängt zum einen von der Nähe zu Mitbewerbern ab. Berücksichtigt wird aber auch, ob sich der Betreiber in der Vergangenheit an die Regeln gehalten hat. Das dürfte für viele zum Problem werden. „Bei Kontrollen haben wir eine Beanstandungsquote von 80 bis 95 Prozent“, erklärt Daniel Buchholz. Darunter fallen Verstöße gegen das Rauchverbot, aber auch manipulierte Automaten und illegales Glücksspiel in Hinterzimmern. Er geht davon aus, dass sich das Feld so von selbst lichtet. Falls dennoch mal zwei Hallen zu nah beieinander stehen, wird das Los entscheiden, welche bleiben darf.

In Berlin gibt es über 11.500 angemeldete Spielautomaten in Spielhallen und Café-Casinos. Jeden Tag werden dort über 500.000 Euro versenkt – und das ist nur die Summe, die versteuert wird. Hinzu kommen illegale Glücksspiele.

Die Automaten gefährden jedoch nicht nur den Kontostand. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben 50.000 Berliner ein auffälliges Spielverhalten; gut die Hälfte davon gilt als krankhaft spielsüchtig. Betroffen sind vor allem junge Männer mit geringem Einkommen. Folglich ballen sich die Spielhallen auch in den sozial schwächeren Kiezen. (jw)

Darüber hinaus wird das neue Gesetz bestehende Regeln verschärfen. So soll das Bußgeld bei Verstößen von derzeit bis zu 50.000 auf 500.000 Euro angehoben werden. „Die meisten Betreiber zahlen aktuell nur ein paar tausend Euro. Das kratzt die gar nicht“, meint Buchholz. Das soll sich ändern.

Zudem soll das Schlupfloch geschlossen werden, das sogenannte Café-Casinos bislang bieten. Bei diesen handelt es sich offiziell um Gastronomie, wo legal bis zu drei Automaten aufgestellt werden dürfen, ohne dass sie so hohen Auflagen genügen müssen wie Spielhallen. Das wird ausgenutzt, indem ein Raum mit drei Spiel- und einem Getränkeautomaten zum Café erklärt wird. „Wenn es aussieht wie eine Spielhalle, wird es in Zukunft auch so behandelt“, erklärt der SPD-Politiker.

Zu guter Letzt wird eine berlinweite Sperrdatei eingeführt, bei der sich Spielsüchtige selbst oder von ihren Familien den Zugang zum Glücksspiel versagen lassen können. Bislang geht das nur für einzelne Hallen.