Ein Minister stänkert

ENERGIE-WENDE

Was es nicht alles gibt. Ausgerechnet SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigt mit dem Finger auf andere, und das beim Thema Energiewende: Einige Bundesländer hätten den Netzausbau verschlafen, kritisierte der 56-Jährige, als Bundeswirtschaftsminister wohlgemerkt zuständig für die geplante Deckelung Erneuerbarer Energien. Und insbesondere die rot-grüne Regierung in seiner Heimat Niedersachsen sei sträflich untätig, so Gabriel. Der gescholtene Landesumweltminister Stefan Wenzel (Grüne) reagierte harsch: „Von den 3.400 Kilometern Netze in der Zuständigkeit des Bundes ist noch kein einziger Kilometer genehmigt.“

Als Küsten- und Transitland habe Niedersachsen hinter dem Bund selbst den größten Anteil an Zuständigkeiten – 1.235 Kilometer Stromtrassen. Davon seien 326 Kilometer bereits gebaut worden, weitere 100 Kilometer würden demnächst genehmigt, fast der gesamte Rest stecke in Raumordnungs- oder Planfeststellungsverfahren. „Deshalb bin ich der Auffassung, dass wir in der Umsetzung schon einen guten Teil bewältigt haben“, sagte Wenzel.

Und durfte sich der verbalen Rückendeckung seines Parteifreundes und schleswig-holsteinischen Amtskollegen Robert Habeck sicher sein: „Die Große Koalition bremst den Ausbau der erneuerbaren Energien politisch ab“, sagt der, „statt ihn zu befördern.“ Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Deckelung der Erneuerbaren Energien „untersagt es uns quasi, im Klimaschutz besser zu werden“, so Habeck – „das ist fatal“. Deutschland werde das Ziel verfehlen, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu senken. Das musste Gabriels Ministerium tatsächlich einräumen: Bis 2020 sei nur „ein Minus von 33 bis 34 Prozent möglich“. Dennoch sei „der gleichzeitige Ausstieg aus Atom- und Kohlestrom für den Industriestandort Deutschland nicht sinnvoll“.

Hingegen forderten auch die Regierungschefs der fünf norddeutschen Küstenländer den weiteren Ausbau an Land sowie zwei bis drei Windparks pro Jahr auf Nord- und Ostsee. Das sei „eine sehr starke Wortmeldung“ in Richtung Berlin, erklärten da also gleich fünf Sozialdemokraten, die Wirtschaftsminister Gabriel „nicht unbeeindruckt“ lassen werde. Tja. smv