Embryonenschutzgesetz in Deutschland: Auf das Alter kommt es an

Der deutsche Embryonenschutz ist im europäischen Vergleich besonders strikt. Für die Forschung wurde er jedoch schon zweimal untergraben.

Unter einem Mikroskop wird ein Embryo auf einen Träger platziert, um ihn einzufrieren.

Mit Stammzellen unter dem Mikroskop zu hantieren ist in Deutschland nicht durch die Gesetzgebung gedeckt. Foto: ap

BERLIN taz | Auch in Deutschland könnte die Bearbeitung menschlicher Embryos mittels der neuen Crispr/Cas9-Technik wohl genehmigt werden – solange an älteren Stammzelllinien geforscht wird.

Der Embryonenschutz ist in Deutschland besonders streng. Dies geht auf ein umstrittenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975 zurück. Karlsruhe hat damals Schwangerschaftsabbrüche grundsätzlich beanstandet. Auch ungeborenes Leben sei von der Menschenwürde geschützt.

Als die neuen Biowissenschaften aufkamen, beschloss der Bundestag deshalb 1990 ein außergewöhnlich restriktives Gesetz: Das Embryonenschutzgesetz verbot jede Forschung an Embryos. Wer die Erbinformation einer menschlichen Keimbahnzelle künstlich verändert, muss mit Gefängnis oder Geldstrafe rechnen.

Die strenge Linie wurde 2002 im Stammzellgesetz aufgeweicht. Beeindruckt von den Heilsversprechen der Wissenschaft wurde embryonale Stammzellforschung in Deutschland nun doch erlaubt – wenn die Stammzelllinien vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden. So sollte zumindest verhindert werden, dass neue Embryos vernichtet werden. Dieser Stichtag wurde 2008 nach heftigen Diskussionen auf den 1. Mai 2007 verschoben. Zugleich stellte der Bundestag klar, dass das deutsche Strafrecht nicht für die Beteiligung an ausländischen Forschungsprojekten gilt.

Die Stammzellforschung ist in Europa nicht einheitlich geregelt, das heißt: Jeder EU-Staat hat eigene Regeln.

Die Stammzellforschung ist in Europa nicht einheitlich geregelt, das heißt: Jeder EU-Staat hat eigene Regeln. Dagegen gilt für Patente auf die Ergebnisse dieser Forschung die EU-Biopatent-Richtlinie von 1998. Danach ist „die Verwendung von Embryos zu industriellen und kommerziellen Zwecken“ nicht patentierbar.

In zwei Grundsatzentscheidungen hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) seither diese Richtlinie ausgelegt. Im Fall des Bonner Forschers Oliver Brüstle wurde der Begriff „Embryo“ 2011 weit ausgelegt. Es reichte, dass die jeweilige Zelle oder der Organismus „geeignet ist, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“.

Diese Linie nahm der EuGH 2014 im Fall der International Stem Cell Corporation wieder zurück. Seitdem gelten als Embryo nur noch Zellen und Organismen, die die inhärente Fähigkeit haben, sich tatsächlich zu einem Menschen zu entwickeln.

Ein Patent sichert dem Inhaber das Recht zu, 20 bis 25 Jahre lang die Erfindung allein zu nutzen. Andere können die Technik nur anwenden, wenn sie dem Erfinder Lizenzgebühren zahlen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.