Köln und die Folgen

Der Schrecken der Silvesternacht ist noch nicht aufgeklärt. Schon sollen Gesetze verschärft werden. Und Rechtsextreme drehen durch

Pegida, Hooligans & Co randalieren in Köln

Demonstrationen Am Samstag greifen 1.700 überwiegend Rechtsextreme in der Domstadt Polizisten und Journalisten an

KÖLN taz | Dominik Roeseler ist Ratsherr der rechtsextremen Vereinigung „Pro NRW“ in Mönchengladbach. Mit „Pro NRW“ hat er nicht viele Erfolge. Zu Demonstrationen oder Kundgebungen der selbst ernannten Bürgerbewegung kommen an guten Tagen 100 Menschen, an schlechten Tagen ist man zu viert.

Seit dem Herbst 2014 hat Roe­seler aber ein neues Betätigungsfeld: die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa). Bei seiner ersten Hogesa-Demonstration in Köln hatten über 4.000 Männer 50 Polizeibeamte verletzt und erheblichen Sachschaden angerichtet. Für Roeseler eine Sternstunde, immer wieder schwärmt er von den Ausschreitungen. Am Samstag nun bekam Roeseler sein „Köln 2.0“.

Dass Nazigegner und Pegida zeitgleich auf dem Breslauer Platz demonstrieren sollten, wirkte zwar gewagt, aber die Polizei schien gut vorbereitet zu sein. Zu ernsthaften Konfrontationen zwischen beiden Gruppen sollte es im Lauf des Tages nicht kommen. Polizisten kontrollierten die Teilnehmer der Pegida-Demonstration am Ausgang des Bahnhofs stichprobenartig, Glasflaschen mussten in bereitstehende Müllcontainer entsorgt werden.

Auf ihrem Kundgebungsplatz war von diesen Kontrollen allerdings weniger zu spüren: Rechtsextreme gingen Fotografen und Kamerateams an: „Wenn ein Bild von mir irgendwo auftaucht, mache ich dich platt!“, hieß es. Auch das Glasflaschen- und Alkoholverbot wurde nicht mehr so konsequent durchgesetzt.

Redner der Kundgebung verglichen die Kölner Ereignisse in der Silvesternacht mit den Novemberpogromen von 1938 und stellten die Frage, ob für Bundeskanzlerin Angela Merkel „die Vergewaltigung deutscher Frauen“ zur „Willkommenskultur“ gehöre.

So aufgepeitscht zogen die 1.700 Demonstranten gegen 15 Uhr los. Den vorderen Block des Aufmarsches bildeten zum Teil vermummte Hooligans und Neonazis, die schon nach wenigen Metern den ersten Böller in Richtung der Polizeikräfte vor der Demonstration warfen. Sehr langsam gelangte der Zug etwa 500 Meter bis auf die Turiner Straße, bis genau zu jener Stelle, an der im Herbst 2014 auch schon die Hogesa-Demonstration eskaliert war.

„Warum macht ihr das?“

Hier reichte es der Polizei. Sie stellte einen Wasserwerfer vor die Demonstranten und erklärte die Veranstaltung für aufgelöst. Daraufhin griffen Hooligans und Nazis die Polizei an. Um die Menge zum Bahnhof zurückzutreiben, setzten Polizisten Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke ein.

Ein Bürger, der sich Pegida wegen seiner Wut über die Ereignisse von Köln angeschlossen hatte, stand schockiert mit einer Deutschlandfahne in der Hand am Rand. „Warum macht ihr das?“, schrie er den Rechtsextremen entgegen. Er wurde ignoriert. Einer der Demo-Organisatoren, der die Menge am Hauptbahnhof beruhigen wollte, wurde vom Mikrofon weggeschubst, und ein Rechtsextremer brüllte „Der Staatist unser Feind!“ in das Mikrofon.

Und Dominik Roeseler, Anmelder des ganzen Schauspiels? Der gab breit grinsend Interviews in bereitstehende Kameras und sprach davon, dass die Demonstranten von der Polizei angegriffen worden seien.

Auf der anderen Seite hatten sich schon ab 12 Uhr etwa 1.000 Menschen – mehrheitlich Frauen – zu einer Kundgebung auf der Domtreppe versammelt: Sie protestierten gegen die sexuelle Gewalt in der Silvesternacht.

Viele der Frauen wollten auch ein Zeichen gegen rechts setzen: Sie zogen anschließend durch den Hauptbahnhof, um sich der Kundgebung des Bündnisses „Köln gegen Rechts“ anzuschließen. Hier protestierten etwa 1.300 Menschen gegen „Rassismus und Sexismus“.

Sebastian Weiermann