Musik-Bildung im Abseits

Unterricht Die Musikschule muss immer mehr finanzielle Anforderungen auffangen. Die LehrerInnen landen darüber in prekärer Beschäftigung

Seit 2003 wurdendie Honorare derLehrenden nicht mehr erhöht

Die LehrerInnen der öffentlichen Musikschule sind zunehmend auf Honorarbasis angestellt. Das geht aus einer Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor. Der Stand der musikalischen Bildung und die Situation der öffentlichen Musikschulen wurde am Dienstag in der Stadtbürgerschaft debattiert.

Insgesamt ist die Bremer Musikschule in 18 Stadtteilen aktiv. Etwa 3.000 SchülerInnen bekommen dort Einzel- oder Gruppenunterricht. Seit 2005 hat sich die Anzahl der festangestellten Mitarbeiter von 79 auf 49 reduziert, die Zahl der Honorarkräfte stieg im gleichen Zeitraum allerdings von 56 auf 90.

Aus der Antwort des Senats geht hervor: Zwei Drittel des Unterrichts werden von Honorarkräften geleistet, überwiegend Menschen zwischen 20 und 40 Jahren. Dies stößt bei den Linken auf Kritik: „Wer als junger Mensch in Bremen Musiklehrer oder Musiklehrerin werden will, darf sich von vornherein auf prekäre Beschäftigung und Hangeln von Honorarvertrag zu Honorarvertrag einstellen“, sagt Miram Strunge, die kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Sie fordert eine „Einstellungsoffensive“ mit mehr Festanstellungen der jungen LehrerInnen.

„Der politische Wunsch, möglichst viele Schüler zu unterrichten“, gehe auf Kosten der LehrerInnen, sagte Musikschulleiter Andreas Lemke zur taz. Seit 2003 wurden die Honorare der Lehrenden nicht mehr erhöht, sie belaufen sich auf 20 bis 26 Euro. Das Lehrpersonal, so Lemke, könne davon allein nicht leben.

Die Anstellung auf Honorarbasis führe aber noch nicht zu einer Fluktuation der MusiklehrerInnen, erklärt er. Der Austausch mit Kollegen, Fortbildungen und der Kontakt zu Verbänden mache die Musikschule für viele LehrerInnen zu einem attraktiven Arbeitgeber. Außerdem sei der „Markt so eng“, so Lemke, dass sie die prekäre Beschäftigungen in Kauf nähmen.

Vor allem in Großstädten mit eigenen Musikhochschulen gebe es ein Überangebot an lehrenden MusikerInnen. Anders ist das in ländlichen Regionen ohne eigene MusikerInnenausbildung.

Zwar sei bei der Ausstattung der öffentlichen Musikschule noch „Luft nach oben“, die Qualität des Unterrichts leide aber nicht unter den Honorarverträgen. Diese LehrerInnen böten die gleiche Qualität und Motivation wie die festangestellten MitarbeiterInnen, berichtet der Musikschulleiter.

„Die öffentliche Musikschule ist zentral für die musische Entwicklung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“, sagt Strunge. Sie lobt das vielfältige Angebot, etwa die frühkindliche Erziehung. Diese stelle ein wichtiges Verhältnis zur Musik her, das sich bis ins Erwachsenenalter auswirke.

In der Kritik zu prekären Beschäftigungsverhältnissen steht dabei, so die Linke, nicht die Musikschule, sondern die Regierung. Sie müsse „den Finanzbedarf der öffentlichen Musikschule“ erhöhen, erklärt die Kultursprecherin. Der Senat teilt lediglich mit, man plane „vor dem Hintergrund der Haushaltsnotlage“ keine Erhöhung der Finanzierung. Diese beläuft sich seit 2013 auf 1,7 Millionen Euro.

Musikschulleiter Lemke erklärt, die Finanzen der Musikschule würden durch steigende Mietkosten der drei Musikschulgebäude und wegen der Inflation immer enger. Er sei „ nicht blind“, sagt er – er erkenne die Finanznotlage des Landes.

Trotzdem wünscht er sich, dass sich die Politik mit seiner Einrichtung identifiziere. Neben Zahlen und Finanzen müsse die inhaltliche Arbeit der Musikschule betrachtet werden. Kultur, Sport, Kunst und Musik seien „Dinge, die das Leben lebenswert“ machen, erklärt Lemke. Jannik Sohn