„Nichts vorschreiben“

DISKUSSION Gesundheitsexperten debattieren über die Auswirkung des neuen Präventionsgesetzes

Michael Erdmann

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52, gelernter Redakteur, ist seit 2009 Sprecher der Krankenkasse BARMER GEK in Niedersachsen/Bremen.

taz: Herr Erdmann, darf ich Sie fragen, was Ihr Body-Mass-Index ist?

Michael Erdemann: Bei 86 Kilo und einer Körpergröße von 1,88 Meter komme ich auf einen BMI von 25. Aber auch bei uns in den Geschäftsräumen der Barmer GEK gibt es Raucher und auch Leute mit einem Body-Mass-Index eher in Richtung 30. Wir können den Menschen nichts vorschreiben. Wir haben die Initiative, sich daran zu erinnern, fünf Mal am Tag Gemüse zu essen. Das nimmt man sich vor, doch irgendwann ist dann der Alltag wieder da.

Zum Glück gibt es ja keine Pflicht, gesund zu leben ...

Nein, das wollen wir auch nicht. Das muss eine Gesellschaft aushalten. Wir sind eine Solidargemeinschaft, wo die Schwächsten profitieren sollen. Als Krankenkassen müssen wir gucken, wie wir das zum Laufen kriegen. Wir haben mittlerweile einen Jahresetat von über 30 Milliarden Euro – mehr als Lufthansa oder TUI. Vor zwei Jahren waren es noch 24 Milliarden. Das zeigt, wie stark die Kosten in die Höhe gehen.

Ab 2016 gilt das neue Präventionsgesetz. Was bringt das?

Insgesamt steht mehr Geld für Prävention zur Verfügung. Die Krankenkassen erhalten jährlich sieben Euro pro Versichertem, speziell für Selbsthilfegruppen zum Beispiel 1,05 Euro.

Was plant die Barmer?

Wir wollen unter anderem die Vorsorge nachhaltiger gestalten. Viele Kinder nehmen zur Überprüfung ihrer Entwicklung noch an Vorsorge-Programmen teil, mit zunehmendem Alter aber wird das weniger. Da müssen wir etwas tun. Mit Kooperationspartnern haben wir unter anderem die „Aktion Mütze“ entwickelt.

Worum geht es da?

Um Prävention von Kopfschmerzen: Die zählen zu den häufigsten Schmerzsymptomen bei Kindern und Jugendlichen. Es muss aber auch weiterhin darum gehen, die Chancengleichheit von Kindern zu fördern.

Was kann eine Krankenkasse da tun?

Da geht es von uns aus etwa um die Ernährung in der Schule. Mit der Sarah-Wiener-Stiftung haben wir dazu eine Initiative gestartet: LehrerInnen erhalten bestimmte Informationen, also das Rüstzeug etwa für Koch- und Ernährungskurse, und sie können auf Online-Datenbanken zugreifen. Auch die Bremischen Kitas können davon profitieren.

Interview:jpb

Debatte u.a. mit Gesundheitssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD): 17.30 Uhr, Arbeitnehmerkammer, Bürgerstr. 1