Schon Weihnachten und immer noch Pokal

Fußball Hertha BSC steht erstmals seit 2012 wieder im Viertelfinale des DFB-Pokalwettbewerbs. Der Bundesliga-Dritte setzte sich am Mittwochabend beim Zweitliga-Dritten 1. FC Nürnberg mit sehr viel Ruhe am Ball und enormer Passsicherheit 2:0 (1:0) durch

Berliner Spieler Vedad Ibiševič (links) im Zweikampf mit dem Nürnberger Mišo Brečko Foto: Matthias Merz/dpa

von Christoph Ruf

In der 88. Minute setzte Nürnbergs Alessandro Schöpf zu einem vielversprechenden Konter an, umkurvte einen Gegenspieler und …stolperte über den Ball. Es war ein passendes Bild für ein Spiel, das kurz darauf beendet war und das Hertha BSC Berlin auch dank Nürnberger Unzulänglichkeiten völlig verdient mit 2:0 gewann. Kurz darauf streiften sich die Berliner Spieler Trikots über, die ihre wenig ruhmreiche jüngere Pokalgeschichte ironisierten („Schon Weihnachten und wir sind immer noch im Pokal“) und ließen sich feiern.

Trainer Pal Dardai verpackte den Klassenunterschied zwischen dem Dritten der ersten Liga und dem Dritten der zweiten Liga sehr höflich: „Die erste Halbzeit war sehr gut, wir alle arbeiten hart dafür, dass wir Fußball spielen und nicht nur kämpfen. Das hat wieder nach Fußball ausgesehen.“ So war es. Und zwar nicht deshalb, weil Hertha ein Feuerwerk nach dem nächsten abgebrannt hätte. Sondern weil die Mannschaft erkennbar nach einem Plan agiert, der handwerklich gekonnt umgesetzt wird.

Wo Zweitligist Nürnberg zuweilen überhastet agierte und sich mit Fehlpässen das Leben schwer machte, war die Hertha das Kontrastprogramm. Ball stoppen, ohne dass er verspringt, ihn in hohem Tempo weiterleiten – noch in der vergangenen Saison scheiterte die Hertha an diesen vermeintlich einfachen Übungen. In der Hinrunde dieser Spielzeit klappt das so gut wie bei fast keinem Konkurrenten. Was auch an der deutlich besseren Fitness nach der ersten komplett unter Dardai absolvierten Vorbereitung liegen könnte.

So etwas verschafft Sicherheit und Selbstbewusstsein, mithin die „Geduld bei eigenem Ballbesitz“, die Dardai dann auch als Stärke seiner Mannschaft pries. Ruhig am Ball mit enormer Passsicherheit und einer Zentrale, die ein gutes Gefühl dafür hat, wann man das Spiel schnell machen muss und wann man auch mal das Tempo rausnimmt. John Brooks und Sebastian Langkamp sind auch in dieser Hinsicht ziemlich gute Innenverteidiger.

Rune Jarstein, der in den vergangenen Wochen viel Lob gehört hat, zeigte hingegen in Nürnberg ein paar Wackler. In der Strafraumbeherrschung wirkte er zuweilen fahrig, einmal faustete er einen Ball halbherzig aus der Gefahrenzone, den er problemlos hätte fangen können. Vedad Ibiševič und Vladimir Darida erwiesen sich hingegen auch im Fränkischen als Spieler, die einen Anteil daran haben, dass die Hertha nur noch der äußeren Erscheinung nach etwas mit der Mannschaft aus der vergangenen Saison zu tun hat. Der Tscheche bildete zusammen mit Per Skjelbred und Fabian Lustenberger wieder eine starke Mittelfeld-Zentrale. Die beiden kooperierten dann auch aufs Prächtigste, als Berlin das 1:0 schoss, von dem Trainer Pal Dardai später sagte, dass es ihm eine „Gänsehaut“ über den Körper gejagt habe, so schön sei es gewesen. „Vedo“ legte dabei einen halbhoch geschlagenen Pass von Genki Haraguchi per Außenrist zentimetergenau in den Lauf von Vladimir Darida, der den Rest erledigte (15.). Das 2:0 von Brooks war da vergleichsweise banal: Er gewann ein Kopfballduell gegen Dave Bulthuis und köpfte eine Darida-Ecke ein (65.). Danach tat Hertha nicht mehr viel. Und genau das war auch richtig, wie der Berliner Trainer („Die Jungs sind am Limit“) fand, der sich offenbar große Sorgen macht, ob seine stark beanspruchte Mannschaft am Sonntag gegen Mainz ein letztes Mal alle Reserven mobilisieren kann.