LeserInnenbriefe
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Ein krummes Ei

betr.: „Eine Netto-Heuer wie in Griechenland“, taz vom 11. 12. 15

Es ist völlig richtig, die geplanten steuerlichen Begünstigungen der deutschen Reedereien durch die Bundesregierung und demnächst den Bundestag mit der Steuerbefreiung der griechischen Reeder zu vergleichen. Allerdings ist Hermannus Pfeiffers Formulierung, die Reeder würden künftig „von der Lohnsteuer zu 100 Prozent befreit“, missverständlich. Es handelt sich darum, dass die Seeleute nach wie vor die auf ihren Löhnen lastenden Lohnsteuern zu zahlen haben, ab 2016 aber vollständig an ihre Arbeitgeber als Endempfänger (bisher „nur“ zu 40 Prozent), die dadurch zum Staat im Staate werden, ohne die dem Staat obliegenden Verpflichtungen mit zu übernehmen.

Leider ist es falsch, diesen Beschluss nur der Bundesregierung anzulasten. Dieses krumme Ei hat schon Anfang August der Hamburger Senat gelegt und den Bundesrat veranlasst, es sich zu eigen zu machen und in die Legislation einzubringen, und der Bund brütet es jetzt aus. Ich verstehe die Empörung der steuerpolitischen Sprecherin der Bundestagsgrünen, Lisa Paul, aber sie müsste sich mindestens ebenso über ihre Hamburger Parteifreunde empören, die den Senatsbeschluss mitgetragen haben und immer noch mittragen. Es ist ja nicht nur in diesem Fall der elende, wenn auch sicher dem SPD-Verhalten sehr ähnliche Wirtschaftsopportunismus der Grünen (siehe ihre Rolle in den Landesregierungen Hessens und Baden-Württembergs!), der diese Partei leider zunehmend unglaubwürdig macht.

Der Hamburger Senat beruft sich im Übrigen auf den „Wettbewerbsnachteil der deutschen Flagge im Vergleich zu anderen europäischen Flaggen“, der durch das geplante Gesetz „reduziert“ werden solle. Er bezeugt damit den kollektiven Irrsinn der gesamten europäischen Staatenwelt, soweit sie Flotten „unterhält“. Was dringend nottäte, wäre eine genau entgegengesetzte Politik, die der Logik vernünftig geführter Abrüstungsverhandlungen zu folgen hätte und der europäischen und außereuropäischen Staatenwelt das Stück Souveränität zurückbrächte, das sie durch den idiotischen Wettbewerb um die Flottengrößen verloren hat.

JÜRGEN KASISKE, Hamburg

Die SPD kann es schaffen

betr.: „Der Dreiviertel-Vorsitzende“, taz vom 12. 12. 15

In Wahrheit zweifeln an Sigmar Gabriel einige Genossen mehr, als das seine Wahl ausdrückt: Taktisches, auch Mitleid, Partei­solidarität. Das Ergebnis offenbart: Gabriel taugt wenig zum SPD-Vorsitzenden und noch weniger zum Kanzler. Abgesehen davon stünde es der Partei gut, sich endlich für eine Frau als Kanzlerkandidatin zu entscheiden! Für die Nachfolge von Kanzlerin Merkel sind zwei Kandidatinnen in Aussicht: Ursula von der Leyen und Julia Klöckner. Das Porträt von Angela Merkel auf der Titelseite der Times hat ihre Macht gehörig gefestigt; zudem lässt es die Interessen der USA-Politik erkennen. Darum muss sich die SPD nicht scheren! Auch nicht um die Mentalität der Mitte. Das Gewürge, sich mittelmäßig anzupassen, sollte aufhören. Die SPD kann das schaffen! PETER FINCKH, Ulm

Gute Nacht, SPD

betr.: „Der Dreiviertel-Vorsitzende“, taz vom 12. 12. 15

Sigmar Gabriel will also all jene arbeitenden und gebildeten Mittelschichtler überzeugen, die nach maximal eineinhalb Jahren Erstarbeitslosigkeit auch nach zuvor jahrzehntelanger Erwerbstätigkeit ins Hartz-IV-System abrutschen und deshalb am Ende genauso dastehen wie jemand, der weder Schul- noch Berufsabschluss erworben und noch nie gearbeitet hat. Kritische Stimmen innerhalb der eigenen Partei, die zumindest indirekt auf derartige Missstände hinweisen, werden einfach ignoriert – nach dem Basta-Motto „Mehrheit ist Mehrheit“. Gute Nacht, Herr Gabriel, gute Nacht, SPD! ELGIN FISCHBACH, Leimen

Bass erstaunt

betr.: „Luxusreisen nach Dubai“, Beilagebrief taz vom 12. 12. 15

Ich bin bass erstaunt beziehungsweise eher empört, als Beilage zur taz die Werbung eines Touristikunternehmens für eine Luxusreise nach Dubai erhalten zu haben. Abgesehen davon, dass es nicht zum Stil einer Genossenschaft wie der taz passt, Luxusreisen zu unterstützen, sehe ich das Reiseziel Dubai, was Nachhaltigkeit und Menschenrechte angeht, nicht einhergehend mit den sonstigen Ansichten der taz.

JÖRG SCHMITZ, Leichlingen

„Anspruch auf Schnäppchen“?

betr.: „Luxusreise“ Beilagebrief taz vom 12. 12. 15

Mir fehlen fast die Worte, wenn ich den absenderlosen, unadressierten Umschlag, der letzte Woche mit der taz kam, öffne und sehe, wie geschmacklos-penetrant für einen Billig-billig-Luxusurlaub im luxusstrotzenden „Golf-Paradies“ geworben wird. Immer wieder wird man wie von einem halbseidenen Oberkellner einer zwielichtigen Bar nach dem Motto angemacht: Auf so einen Luxusurlaub zum Schnäppchentarif haben Sie einen Anspruch. Wie die Golfstaaten mit den Menschenrechten umgehen? Wen interessiert das schon? Für überzeugte taz-Leserinnen und -Leser ist so ein Angebot eine unerträgliche Verhöhnung.

HILDEGARD MODLMAYR-HEIMATH, Borken-Gemen