Der Kampf um Cottbus

WISSENSCHAFT UND FORSCHUNG In zwei Wochen soll der Potsdamer Landtag die Fusion der Lausitzer Hochschulen durchwinken. Die Gegner fürchten um die Qualität der Ausbildung und mobilisieren zum Volksbegehren

Es sei immer nur um das Wie gegangen, nicht um das Ob, so die Fusionsgegner

VON MARCO ZSCHIECK

Den Brandenburgern steht wohl ein neues Volksbegehren ins Haus. Thema diesmal: die von der rot-roten Koalition forcierte Fusion der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) in Cottbus mit der Hochschule Lausitz in Senftenberg. Im Oktober hatte das Kabinett von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) die Neugründung einer „Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg“ zum 1. Juli 2013 beschlossen, der Landtag soll darüber am 23. Januar abstimmen. Aus der Potsdamer Regierung verlautet, dass man gegen das von den Fusionskritikern eingereichte Volksbegehren keinen Einspruch einlegen will. Damit könnte die Unterschriftensammlung im Februar starten.

Bislang haben Uni und Fachhochschule zum Teil identische Studiengänge angeboten, unter anderem in Ingenieurwissenschaften und Architektur. Eine solche Konkurrenz sei auf Dauer nicht tragfähig, so der Standpunkt der parteilosen Wissenschaftsministerin Sabine Kunst. Die neue BTU solle bis Juli 2014 die Fächerstruktur neu ordnen. Laut Kunst werden die Verwaltungen zusammengelegt und alle Mitarbeiter sowie Studierenden übernommen. Es soll Uni- und Fachhochschulprofessoren an der neuen BTU geben.

Für Paul Weißflog, Mitinitiator des Volksbegehrens, birgt die Fusion für beide Hochschulen erhebliche Risiken, aber kaum Chancen. Die BTU-Studierenden fürchten um die Wertschätzung ihrer Abschlüsse bei Arbeitgebern. Außerdem sei es in der Fusionsdebatte immer nur um das Wie, nicht um das Ob gegangen. Für Unmut sorgte auch, dass die Landesregierung die Fusion bereits beschloss, als die Volksinitiative dagegen noch lief.

Aber auch aus der Wirtschaft kommen kritische Stimmen. Am Montag forderten Vertreter der Brandenburgischen Wirtschaftsverbände verbindliche personelle und finanzielle Rahmenbedingungen, um die Existenz der neuen Universität nachhaltig zu sichern. Die Zuwendungen durch das Land sollten für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren festgeschrieben und um zusätzliche Mittel für Aufbau- und Umstrukturierungsprozesse ergänzt werden. Insbesondere die Bauwirtschaft sorgt sich um die Qualität der Ausbildung von Architekten und Ingenieuren. Außerdem müsse die neue BTU Cottbus-Senftenberg weiter Promotionen abnehmen dürfen.

33.000 gültige Unterschriften hatte die Volksinitiative für den Erhalt zweier eigenständiger Lausitzer Hochschulen gesammelt. Ab 20.000 Unterschriften muss sich das Parlament mit einer solchen Initiative befassen. Doch der Landtag lehnte die Forderungen ab. Für ein Volksbegehren sind in Brandenburg 80.000 Unterschriften nötig. Natürlich brauche man für ein Volksbegehren mehr Kraft – aber man sei schon dabei, weitere Helfer zu gewinnen, sagt Paul Weißflog: „Die anderen Hochschulen in Brandenburg haben bereits ihre Unterstützung signalisiert.“ Da das Volksbegehren auch die ausreichende Finanzierung aller Hochschulen im Land fordere, sei es landesweit relevant, so die Fusionsgegner. Sie sehen sich durch den Erfolg des Brandenburger Volksbegehrens für ein Nachtflugverbot am Flughafen BER im Dezember ermutigt, diese Hürde auch überspringen zu können.

Für die Opposition im Landtag kommt der Streit um die Fusion wie gerufen. „Es ist schändlich, wie die rot-rote Landesregierung mit den Studenten, dem Hochschulpersonal und den Menschen in der Region umgeht“, schimpft Michael Schierack, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Das Volksbegehren sei nun das letzte Mittel, um die Zwangsfusion der beiden Hochschulen zu stoppen.

Die Position der Grünenfraktion ist etwas differenzierter: Unter Berufung auf ein Gutachten fordert sie, das Errichtungsgesetz für die neue BTU Cottbus-Senftenberg auszusetzen. Dann soll ein Beirat aus Vertretern von Hochschulen, Region, Wirtschaft und Landespolitik ein zukunftsfähiges Modell neu erarbeiten. Den Umbau der Lausitzer Hochschulen stellt die wissenschaftspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion, Marie Luise von Halem, nicht völlig in Frage: „Klar ist, dass der Status quo kein tragfähiges Zukunftskonzept ist.“