Warum Dante lächelt

FUSSBALL-BUNDESLIGA Kein Grund zur Sorge: Der VfL Wolfsburg und der HSV trennen sich 1:1

Schön, dass auch ein mediokres Bundesligaspiel ein Lächeln auf einem Gesicht hinterlassen kann. In diesem Fall gehörte es Dante, Innenverteidiger des VfL Wolfsburg und Alleinverursacher des Hamburger Tores beim 1:1 am Samstag. Damit wäre er nach den Regularien der Fußballbranche verpflichtet gewesen, den Totalzerknirschten zu geben. Tat er aber nicht. „Darf nicht passieren“, sagte er beim Aftertalk in der Mixed Zone strahlend. „Ist passiert.“ In der Halbzeitpause habe er den „Jungs“ gesagt, dass es ihm leid tue, nun aber weiterzugehen habe.

Der brasilianische Septemberzukauf ist ein begabter ­Spieleröffner, aber kein begnadeter Zweikämpfer. Das war Bayern Münchens Trainer Guardiola auch aufgefallen. Dante, 32, tänzelt seit seiner Ankunft in Wolfsburg auf der Rasierklinge – und diesmal stürzte er ab: Ließ sich beim Spielaufbau vom Hamburger Stürmer Pierre-Michel Lasogga aus dem Gleichgewicht bringen, was dann Nicolai Müller im Nachschuss zum 0:1 für den HSV nutzte (21.).

Dessen Trainer Bruno Labbadia hatte die Order ausgegeben, Dante ein Spezialpressing angedeihen zu lassen. „Man weiß, dass Dante gern Haken schlägt“, sagte Lasogga, entsprechend habe er spekuliert. Unter großem Ächzen gelang den Wolfsburgern gerade noch der späte Ausgleich durch Maximilian Arnold (78.). Dem HSV gehörte die erste Halbzeit, als man die Wölfe relativ souverän zupresste. Nach dem Wechsel schüttelten die ihre Taubheit ab und dominierten mit Tempoballbesitzfußball.

Für den VfL war es immerhin die dritte Partie in sieben Tagen nach zwei Wichtig-wichtig-Spielen gegen Dortmund (1:2) und Manchester United (3:2). Doch die Vermutung, man sei nach dem Adrenalinspiel in der Champions League diesmal zu wenig gelaufen, dementierte Dieter Hecking. „Wir brauchen normal nicht viel laufen“, sagte der VfL-Trainer. Man lasse den Ball laufen und damit den Gegner. Stimmt, aber es kommt immer darauf an, ob dieses Spiel auf etwas hinausläuft.

Wobei der HSV auch keine Laufkundschaft mehr ist, schon gar nicht auswärts: Das Team funktioniert derzeit. „Leidenschaft“ ist Labbadias Chiffre, die dem notorischen Vorurteil begegnen soll, man habe es mit begrenzt engagierten Söldner-Millionären zu tun. Damit ist der Abstiegsfavorit der Vorjahre als Neunter derzeit auf der relativ sicheren Seite. Wenn nun aber in den Mixed-Zone-Gesprächen schon wieder von europäischem Wettbewerb die Rede ist, dann sagt Spieler Lewis Holtby: „Ich glaub’, ich breche hier mal lieber ab.“ Gute Idee.

Der VfL Wolfsburg liegt nach zuletzt nur einem Sieg aus fünf Spielen drei Punkte hinter dem offiziellen Saisonziel Top Drei. „Kein Grund jetzt, die Nerven zu verlieren“, so Kapitän Diego Benaglio. Derweil erklärte Dante, er werde sein Risikospiel auf keinen Fall ändern: Es sei seine Stärke – das und seine positive Ausstrahlung. Wenn es gut laufe, könne jeder lachen, erklärte er unlängst der Wolfsburger Allgemeinen. Im Übrigen habe er nicht vergessen, wo er herkomme: von weit unten. Und im Vergleich dazu stimme ihn die Gegenwart fröhlich.

Diese weise Perspektive kann man auch auf den VfL als Ganzes anwenden. PETER UNFRIED