Unmut der Vergessenen

Beirut Für die Libanesen ist der Anschlag in Paris ein trauriges Déjá-vu

„Der gleiche kalt kalkulierte Hass traf Beirut und Paris“

Der libanesische Regisseur Lucien Bourjeily

aus Beirut Juliane Metzker

„Als ich an diesem Morgen aufwachte, gab es zwei gebrochene Städte. Meine Freunde in Paris, die sich erst gestern bei mir nach den Anschlägen in Beirut erkundigt hatten, waren plötzlich in einer ähnlichen Position. Unsere beiden Hauptstädte waren nun mit Narben übersät, nichts Neues für uns vielleicht, aber ungewohntes Terrain für sie“, schrieb der libanesische Blogger Elie E. Fares am Wochenende. Die Nachrichten aus Frankreich erreichten den Libanon, nur einen Tag nachdem in Beirut zwei Selbstmordattentäter 43 Menschen mit sich in den Tod gerissen hatten. Ein Déjà-vu.

Auch Beirut trauert mit Paris. Nicht nur, weil viele Libanesen Familie in Frankreich haben, einen französischen Pass besitzen oder Französisch ihre zweite Muttersprache ist. Ihre Solidarität ist aufrichtig.

Dennoch kam es zum makaberen Vergleich: „Was ist mit uns? Wer spricht über uns?“, fragten libanesische Blogger. Sie nannten sich selbst „die Vergessenen“. Facebook geriet in die Kritik, da es eine App, in der man sich selbst und Freunde in Paris mit „In Sicherheit“ markieren konnte, nicht auch für Beirut freischaltete. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg reagierte: „Das haben wir geändert (…) Ihr habt recht, es gibt viele weitere wichtige Konflikte in der Welt.“

Auch internationale Medien, die Beirut zwar nicht ignorierten, aber teils grob abarbeiteten, wurden kritisiert. Der Anschlagsort wurde dort unkommentiert als „Hochburg der Hisbollah“ beschrieben. Tatsächlich hat die Hisbollah dort die Kontrolle und der Angriff galt in Teilen der schiitischen Miliz, weil diese an der Seite des Assad-Regimes in Syrien kämpft. Doch den Attentätern ging es vor allem darum, Schiiten zu töten. Die Pauschalisierung wirkte deshalb auf viele vor Ort entmenschlichend, da vor allem Zivilisten starben.

Aber es gab auch mäßigende Stimmen. Der libanesische Regisseur Lucien Bourjeily schrieb: „Der gleiche kalt kalkulierte Hass traf Beirut und Paris und zielt darauf ab, Angst zu säen vor „den Anderen“. Er warnt vor der Zwietracht, die der „Islamische Staat“ provozieren will. In dem Viereinhalb-Millionen-Land Libanon leben über eine Million syrische Flüchtlinge. Das belastet die Wirtschaft, Sicherheit und Stimmung im Land. Auch Syrer sollen in die Planung der Attentate in Beirut involviert gewesen sein. Premierminister Tammam Salam appellierte an die Libanesen und besonders an die Sunniten und Schiiten unter ihnen, den Frieden zu wahren.