Europäische Finanztransaktionssteuer: Letzte Chance

Bei dem Treffen der EU-Minister hat es keine Einigung gegeben. Estland steigt sogar aus. Kommt die Tobinsteuer im Sommer 2016?

Zwei Männer sprechen miteinander. Einer von beiden sieht die Mundwinkel runter.

Gute Frage: Luxemburgs Finanzminister Gramegna (links) spricht mit seinem niederländischen Amtskollegen Dijsselbloem. Foto: ap

BRÜSSEL taz | Die seit Jahren geplante europäische Transaktionsteuer auf Börsengeschäfte und Finanzprodukte wird weiter auf die lange Bank geschoben. Statt Anfang 2016 soll sie nun erst ab Sommer nächsten Jahres kommen. Und statt der ursprünglich elf wollen nur noch zehn EU-Staaten mitmachen – Estland ist ausgestiegen.

Dies ist das Ergebnis eines Treffens der EU-Finanzminister in Brüssel. Zunächst war von einem vollständigen Scheitern die Rede. Nun wollen Deutschland und Frankreich, die wichtigsten Befürworter der Steuer, aber doch noch einen neuen Anlauf versuchen.

Der französische Finanzminister Michel Sapin sagte, es gebe zwar eine Einigung auf wichtige Details: „Das ist eine bedeutende Etappe.“ Die Steuersätze seien aber noch offen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) drängte: „Wir brauchen dringend eine bessere Regulierung.“ Er warnte vor einer möglichen weiteren Finanzkrise.

Die Finanztransaktionsteuer geht auf den US-Ökonomen James Tobin zurück, der sie bereits 1972 ins Spiel gebracht hat. In Europa wird die Tobinsteuer seit dem Beginn der Finanz- und Eurokrise diskutiert. Da Großbritannien und Schweden die neue Steuer kategorisch ablehnen, bildete sich nach einigem Hin und Her eine Pioniergruppe aus elf EU-Staaten.

Für alle Finanzprodukte

Nun sind es nur noch zehn: Estland hatte Bedenken, weil die meisten der dort gehandelten Finanzprodukte aus dem Ausland stammen. So würde das Land kaum Einnahmen durch die Steuer erzielen, während Händler abwandern könnten.

Aus der schließlich verabschiedeten Erklärung der zehn Länder geht hervor, dass die neue Steuer alle Finanzprodukte umfassen soll. Ausnahmen soll es aber beim Market-Making geben. Beim Market-Making stellen Banken regelmäßig Kurse für Finanzprodukte, um diese für ihre Kunden handelbar zu halten. Auf die Ausnahmen in diesem Punkt hatte Frankreich gedrungen.

Unklar ist weiter, wofür die Einnahmen verwendet werden. Der französische Staatschef François Hollande hatte angekündigt, das Geld für den Klimaschutz einsetzen zu wollen. Im Europaparlament gibt es Überlegungen, aus der Steuer eine neue EU-Steuer zu machen. Sie könnte Ländern zugutekommen, die unverschuldet Probleme haben – etwa durch eine neue Finanzkrise oder aktuell in der Flüchtlingskrise.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.