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"Taten hinterlassen Spuren"

Verbrechen Der ehemalige LKA-Fallanalytiker Axel Petermann redet über das Böse im Menschen

Axel Petermann

Foto: privat

63, ehemaliger Mordkommissionsleiter beim Landeskriminalamt Bremen, Tatort-Berater und Buchautor.

taz: Herr Petermann, Sie haben Ihr Leben lang schlimme Verbrechen aufgeklärt und sprechen heute über das Böse. Waren Sie diese Woche schon böse?

Axel Petermann: Naja, ich habe mich über die Bahnverspätung geärgert und geflucht, aber böswillig gehandelt habe ich nicht.

Sind Sie selbst schon mal mit dem Teufel Hand in Hand gegangen?

Das eine oder andere Mal habe ich in Verfahren die teuflische Versuchung gespürt, den geraden Weg zu verlassen, um schneller voranzukommen. Ich habe ihr aber immer widerstanden.

Warum ist die Unterscheidung von Gut und Böse so wichtig?

Weil wir alle Werte haben, die wir achten und benennen müssen. Manchmal verstoßen Menschen dagegen, dann muss dies kenntlich gemacht werden. Wenn es viele Beteiligte mit unterschiedlichen Moralvorstellungen gibt, dann wird das sehr kompliziert.

Wie wichtig war diese Moral für ihre Arbeit als Fallanalytiker?

Wenn ich ein Verbrechen analysiere, interessiert mich nur die Tat. Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Beim Verbrechen handeln wir danach und diese Handlungen hinterlassen Spuren. Die untersuche ich, um auf das Tatmotiv zu kommen. Es geht darum herauszufinden, wer der Mensch ist, der so etwas tut, egal ob sein Motiv gut oder böse ist.

Sind Waffen böse oder die Menschen, die sie bedienen?

Waffen allein können nicht böse sein. Man muss den Fokus auf die Menschen lenken, die sie erdacht haben und die sie benutzen. In welchem Kontext entstehen Waffen und was soll mit ihnen bezweckt werden? Waffen sollen abschrecken, werden aber gleichzeitig für eigene Interessen eingesetzt.

Können Algorithmen böse Taten vorhersagen?

Ich glaube nicht, dass es so konkret sein wird, dass man sagen kann: Morgen um 13 Uhr passiert ein Überfall. Sicherlich können sie Brennpunkte für gewisse Verbrechen vorhersagen.

Interview: Morten Luchtmann

Axel Petermann diskutiert mit der Autorin Tina Uebel und dem Gefängnis-Seelsorger Christian Braune: 19 Uhr, Staats- und Universitätsbibliothek, Lichthof