Die Kritik
: Ja-Wort

WAS SAGT UNS DAS?Gegen den Widerstand der katholischen Traditionalisten ist die Ehe für alle in Irland jetzt Gesetz.

Eine neue Ära hat in Irland begonnen. Wie die Präsidialkommission mitteilte, wird die Ehe dort gleichgeschlechtlichen Paaren offenstehen. Im Frühsommer bereits votierte eine überwältigende Mehrheit für die Öffnung. Nun ist das Votum auch Gesetz.

Irland – das war bis vor 20 Jahren noch der beste Sprengel des Vatikans, die dunkelste Glaubenshölle, in der Priester und Bischöfe nicht nur glaubten, über Leben und Tod zu entscheiden, sondern es auch taten. Wie gelang es, dem vor allem christlichen Druck standzuhalten, wie ist es ins Werk gesetzt worden, den alten ranzigen Panzer der Eheprivilegierung von bevölkerungspolitischen Erwägungen zu zertrümmern? Die Enthüllungen über epidemischen sexuellen Missbrauch durch Priester, über Herzlosigkeiten der Diözesen schwangeren, abtreibungsbedürftigen Frauen und die Kaltschnäuzigkeiten eben dieser religiösen Nomenklatur einem freien, säkularen Leben gegenüber haben dem System selbst die Glaubwürdigkeit fundamental entzogen.

Deutschland befindet sich inzwischen im Hinblick auf die Entideoligisierung des Eherechts in der EU ziemlich hinterher. Irgendwo zwischen den fundamentalkatholischen Ländern wie Polen und eben säkularen Staaten wie Irland, Großbritannien, Frankreich, Spanien, Schweden, Dänemark und den Niederlanden.

Für jene Schwulen und Lesben, die immer noch ihresgleichen glauben vorschreiben zu können, dass Ehe für Homos nix ist, könnte weiter gelten: Bürgerliche Rechtsgleichheit mag ihnen kein Anliegen sein. Aber ist es nicht wenigstens schön, dass in Irland mit der Bewegung für die Ehe für alle landesweit auch über Diskriminierungen von Trans*- und Intersex-Menschen gesprochen wird – ohne dass gleich ein Priester weihwässerlich mit Trübem droht?

Jan Feddersen