LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Eher ein böser Witz

betr.: „Wie Assad loswerden?“, taz vom 29. 10. 15

Ich habe leider von Anfang an nicht so recht verstanden, warum sich nun alle ausgerechnet auf Assad „eingeschossen“ haben. Der scheint ja noch nicht mal so schlimm zu sein wie die saudischen „Prinzokraten“. Er hat bisher zum Beispiel verschiedene Religionsgemeinschaften leben lassen – im Gegensatz zu den Saudis. Und dass nun ausgerechnet Saudi-Arabien dort angeblich für humane Verbesserungen eintritt, das habe ich eher als bösen Witz empfunden. Was Folter und Morde betrifft – wo gibt es das bitte im Nahen Osten nicht? ELVIRA BÜCHNER, Freiburg

Keine Eierautomaten

betr.: „Dotterdurst in Limburg“, taz vom 28. 10. 15

Diesen offenbar fürs Sommerloch produzierten Text von Adrian Schulz habe ich auch nach zweimaligem Lesen nicht verstanden. Ich bin vor 60 Jahren in Limburg geboren und regelmäßig dort – einen Eierautomaten habe ich noch nirgends gesehen. Die Google-Suche ergibt, dass es im eingemeindeten Lindenholzhausen tatsächlich zwei Automaten gibt, wo man frische Eier ziehen kann. Einer hängt da seit 20 Jahren, ein anderer seit 40 Jahren. Und im Sommer, als wegen der Hitze gar keine Eier angeboten wurden, stand Herr Schulz auf seiner „Expedition“ eben davor und dichtete seine Überschrift vom „Dotterdurst in Limburg“. Im Limburger Dom fielen ihm „nach Schwanzlänge geordnete Gesangbücher“ auf.

Wieso gibt es in der taz Platz für einen solchen Text, der ohne jede relevante Information ist?

MARLENE BROECKERS, Ober-Ramstadt

Kein Dilemma

betr.: „Ein völliger Kontrollverlust“, taz vom 28. 10. 15

Eric Bonse meint, die EU stehe vor dem Dilemma „Solidarität versus Souveränität“. Erst beim zweiten Lesen seiner klugen Analyse fällt mir auf, wie verkehrt das ist und wie verkehrt das Herbeireden einer Flüchtlingskrise insgesamt ist, in das er leider damit einstimmt.

Solidarität betrifft das Verhältnis von Menschen, Souveränität das von Staaten. Wie kann dazwischen ein Dilemma entstehen? Und wer soll vor diesem Dilemma stehen? Die Solidarität der Menschen, die sich allerorts um Flüchtlinge kümmern, zivilgesellschaftlich und auf der untersten staatlichen Ebene (wie in Passau: super beschrieben in der gestrigen taz: „Im Traumland wartet ein Feldbett“) ist doch kein Gegensatz zu staatlicher Souveränität!

Solidarität ist die gesellschaftliche Grundlage, um überhaupt Gemeinwesen und damit Staaten zu organisieren.

Man denke sich nur für einen Moment die zivilgesellschaftliche Flüchtlingshilfe in unserem Land weg: Die staatliche Verwaltung wäre doch sofort am Ende! Solidarität und Souveränität sind wichtige Grundwerte von Europa – aber ohne Dilemma dazwischen, weil sie aufeinander aufbauen.

Nein, die Flüchtlingsströme erschüttern nicht „Europa in den Grundfesten“, sondern nur den lebensfernen Politikbetrieb in den obersten Etagen des europäischen Hauses. Die vor Ort geleistete Flüchtlingshilfe zeigt doch, wie gut Europa ganz unten trotz verfehlter Politik von oben funktioniert.

Wir sollten das dritte wichtige S-Wort ernst nehmen, auf das unser Europa gebaut ist: die Subsidiarität! Flüchtlingshilfe subsidiär organisieren hieße, vor allem die Zivilgesellschaft und die kommunale Selbstverwaltung zu unterstützen. Die sollte man mit Geld fluten, nicht die Finanzmärkte. Mein Vorschlag: allen Flüchtlingshelfern ein Grundeinkommen von 1.000 Euro monatlich zahlen. Das würde Europa dort stärken, wo seine Grundwerte noch täglich gelebt werden, in der Zivilgesellschaft.

SEBASTIAN BÜTTNER, Lübeck