Befristete Verträge bei der Arbeitsagentur: Mit schlechtem Beispiel voran

Das Hamburger Jobcenter soll Arbeitslosen feste Stellen vermitteln und beschäftigt viele Sachbearbeiter nur befristet. Das passt nicht zusammen, kritisiert Die Linke.

Soll Leuten feste Jobs vermitteln, bietet aber selbst viele prekäre Stellen an: Team Arbeit Hamburg. Foto: dpa

HAMBURG taz | Eigentlich sollte eine Arbeitsagentur mit gutem Beispiel vorangehen. Doch in der Hauptstadt der befristeten Jobs setzt wohl auch die Geschäftsführung des „Jobcenters Team Arbeit Hamburg“ auf sachgrundlose Befristungen bei ihrem Personal.

So hat sich die Zahl der von der Bundesagentur für Arbeit angestellten befristeten Sachbearbeiter verdoppelt. Das ergab eine kleine Anfrage der Linkspartei-Arbeitsmarktexpertin, Inge Hannemann. „Die Bundesagentur kritisiert selbst Befristungen, steigert sie aber im eigenen Haus um das Doppelte – das ist unglaubwürdig und grotesk“, kritisiert Hannemann.

Kaum vermittelbare Personalpolitik

Die Team-Arbeit-Jobcenter sind ein Gemeinschaftsprojekt der Sozialbehörde und der Bundesagentur für Arbeit, in denen beide Behörden Sachbearbeiter zur Vermittlung von Jobs an Langzeitarbeitslose und Personen ohne Schul- und Berufsabschluss entsenden. Dass jedoch eine staatliche Arbeitsagentur vom Instrument der grundlos befristeten Jobs Gebrauch macht, ist kaum vermittelbar. Waren es 2011 noch 62 befristete Beschäftigte, die die Bundesagentur zum Team Arbeit entsandte, sind es aktuell 173 befristete Angestellte – gegenüber dem Vorjahr hat sich die Zahl verdoppelt.

Das Jobcenter Team Arbeit Hamburg ist mit 2.300 MitarbeiterInnen ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Sozialbehörde und der Bundesagentur für Arbeit zwecks Arbeitsvermittlung.

Entstanden ist Team Arbeit nach der rot-grünen Agenda 2010, als die zweite Stufe des Arbeitslosengeldes, die Arbeitslosenhilfe (ALG II), und die Sozialhilfe nach dem Sozialgesetzbuch (SGB II) zusammengelegt worden sind.

Hauptstadt der befristeten Jobs ist Hamburg. Laut Statistik­amt Nord arbeitet jeder achte Vollzeit-Beschäftigte mit einem befristeten Arbeitsvertrag – die zehntausenden Teilzeit- und Minijobber nicht mitgezählt.

Team Arbeit begründet die Verdoppelung mit temporärer Mehrarbeit durch die Einführung des Vier-Augen-Prinzips bei Leistungsanträgen und einer neuen Software, „so dass akut reagiert werden musste“, wie Team-Arbeit-Sprecherin Kirsten Maass sagt. Bis zur nächsten Trägerversammlung habe Personal nur befristet eingestellt werden können.

Sozialbehörde macht es anders

Die Sozialbehörde machte es anders als die Bundesagentur. Sie reduzierte die Zahl der grundlosen Befristungen seit 2011 um 86,5 Prozent auf aktuell 14 befristete Angestellte. „Sachgrundlose Befristungen müssen sofort abgeschafft werden, zumal sie nicht dem dauerhaften Bedarf an Mitarbeitern in den Jobcentern entsprechen“, bekräftigt Hannemann.

Unter anderem seien in der Leistungsabteilung und der Arbeitsvermittlung zahlreiche Stellen vakant. „Gerade die hohe Anzahl der unbesetzten Stellen in der Leistungssachbearbeitung zeigt, wo der Schuh drückt“, findet Hannemann. „Die Folgen spüren neben den Beschäftigten insbesondere die ALG-II-Berechtigten, weil ihre Anträge zum Teil stark verzögert bearbeitet werden, ihre Ansprüche, etwa auf das Arbeitslosengeld II, versickern im Niemandsland“, sagt die Arbeitsmarkt-Expertin.

Hannemann, selbst jahrelang Sachbearbeiterin im Jobcenter Team Arbeit, verweist auf die enorme Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. „Da die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften im SGB II seit Jahren konstant ist, wundert es doch sehr, dass eine Personalplanung auf sachgrundlose Befristungen aufbaut“, kritisiert Hannemann. „Das ist weder vorausschauend noch taktisch klug.“

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