Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking: Leitwolf vor Landgericht

Der einstige Porsche-Chef wollte VW übernehmen – und scheiterte krachend. Am Donnerstag beginnt sein Prozess wegen Marktmanipulation.

Härter und Wiedeking posieren vor einer Schar Kameras

Einst waren sie Kollegen bei Porsche, nun sind sie vor Gericht wieder vereint: Holger Härter (li.) und Wendelin Wiedeking. Foto: dpa

Ganz, ganz tief durchgedrückt hat er das Gaspedal, alles, ein ganzes stolzes Unternehmen mit damals 12.000 Mitarbeitern auf Rot gesetzt – und dann hat Wendelin Wiedeking alles verloren. „Er hat Porsche aus Not in Höhen geführt, die für uns alle undenkbar waren“, sagte Betriebsratschef Uwe Hück, als der Leitwolf Wiedeking, wie sie ihn nannten, nach 17 Jahren abtreten musste, weil er alles verzockt hatte. Porsche war plötzlich Teil von VW – und nicht umgekehrt.

Und der Leitwolf stand neben Hück an diesem 23. Juli 2009 im Regen auf einer Bühne im Stammwerk in Stuttgart-Zuffenhausen – mit feuchten Schlieren in den Augen. Es war Wiedekings letzter Arbeitstag bei Porsche.

Ein Stück Hybris war wohl dabei, als der damals profitabelste Autobauer der Welt den größten Autobauer Europas schlucken wollte – mit Milliarden, die an der Börse wachsen sollten, einfach so, gespeist von den Fantasien der Anleger.

Der Westfale Wiedeking ist ein Mann mit viel Fantasie. Und mit etwas Vermögen: Zeitweise verdiente er 100 Millionen Euro im Jahr, die Abfindung lag bei 50 Millionen. Mittlerweile ist der Diplomingenieur an etwa 20 Firmen beteiligt. An einer Schuhmanufaktur, einem Online-Ferienhausvermittler und einer Italo-Restaurantkette. Ab und an soll der 63-jährige Alphamann auch noch auf historischen Treckern der Marke Porsche durch das heimatliche Bietigheim-Bissingen tuckern. Außerdem gründete er zwei gemeinnützige Stiftungen, die bedürftige Familien und Kinder unterstützen.

Klammheimlich immer mehr Aktien

Doch für sein kleines Imperium wird der Fast-Zweimetermann demnächst wenig Zeit haben. Dass Wiedeking und sein damaliger Finanzvorstand Holger Härter viel zu spät kommunizierten, was sie mit VW vorhatten und stattdessen klammheimlich immer mehr Volkswagen-Aktien kauften, ist Kern der Vorwürfe, die ab dem heutigen Donnerstag im Stuttgarter Landgericht verhandelt werden. Es geht um Marktmanipulation.

Der Wiedeking-Plot platzte nämlich, als binnen zweier Oktobertage des Jahres 2008 der Wert der VW-Stammaktie von 200 auf gut 1.000 Euro rauschte. Porsche, das schon auf 11,4 Milliarden Euro Schulden saß, ging die Puste aus, blies die Aktion ab – und endete neben Seat und Škoda als weitere Marke im VW-Reich.

Wiedeking drohen nun bis zu fünf Jahre Gefängnis. Beobachter rechnen jedoch nicht mit dem Ärgsten für den Mann mit den auffälligen Zweireihern. Egal wie das Verfahren ausgeht: Es wird Signalwirkung für weitere Zivilklagen haben. Investoren und Hedgefonds fordern nämlich von Porsche Schadenersatz in Milliardenhöhe – die haben sie bei Wiedekings Coup verloren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.